Blutspuren Teil 3
Teil 3
KALTE HAND
Eine wild zusammen gewürfelte Gruppe und doch Barrieren überwunden
Auf seltsame Art und Weise haben wir sehr schnell zusammen gefunden
Auf den Schwingen des unbeschreiblichen Glücks haben wir uns gewogen
Hand in Hand sind wir glücklich durch eine staunende kleine Stadt gezogen
In einer frohen, gelösten und lockeren Atmosphäre, wunderbar zu ertragen
"Deine Hand fühlt sich gar nicht kalt an," hörte ich sie neben mir sagen
Meine Antwort war ein sehr rasches und ziemlich Routiniertes, Nein
Aber heimlich bei mir dachte ich, warum sollte sie auch kalt sein?
Sie hatte keine Ahnung, wie schmerzlich mich dieser Satz berührt
Kurz davor haben wir ein Gespräch über meine Behinderung geführt
Deshalb kommt sie auf diese Idee, sie hat es nicht böse gemeint
Trotzdem habe ich das Gefühl, dass meine Hand nun kalt erscheint
Genau diese Gedanken habe ich, wenn mich die Anderen anstarren
Wenn meine hilflosen Bewegungen wieder etwas tollpatschig waren
Und die Menschen stumm eine Berührung mit meiner Hand scheuen
Dann bin ich schon etwas traurig, habe wenige Gründe zum Freuen
In diesen Augenblicken schaue ich dann irritiert auf meine linke Hand
Geliebt von meinem Herzen, und manchmal gehasst vom Verstand
Ohne diese Blicke und dieses Lachen würde so vieles besser gehen
Manchmal habe ich grosse Angst, im Leben nicht mehr zu bestehen
Möchte schreien, meine Hand, mein Arm sind aus Fleisch und Blut
Glaubt mir endlich, ich weiss es doch wirklich selbst sehr gut
Ich schaue in ihre Augen, wie die Sonnenstrahlen in sie scheint
Deine Hand fühlt sich nicht kalt an, wie hast Du dies gemeint?
Bestimmt nicht böse, deshalb will ich mich auch nicht beschweren
Und mit ein paar wenigen Worten versuche ich, es Dir zu erklären
"Meine Hand ist ganz normal, ich kann sie nur nicht so gut bewegen
Euch normalen Menschen bin ich mit meiner Behinderung unterlegen
Sie hat zu diesem Thema nichts mehr gesagt, sie hat nur kurz genickt
Und mir zuerst in die Augen und anschliessend auf meine Hand geblickt
Aber ich glaube, sie hatte mein kurzes Zögern von vorher schon bemerkt
Dies hat sie wohl auch in ihrem plötzlichen Themenwechsel bestärkt
Für mich ist das Thema immer aktuell, aber dies kann sie nicht wissen
Und über meine Behinderung zu sprechen, habe ich mich nie gerissen
So sind wir einfach weiter durch die engen Strassen gezogen, Hand in Hand
Und eines weiss ich sicher, kalte Hände hatte in diesem Moment niemand
Aber ich brauchte einige Minuten, um zurückzukehren in den Sonnenschein
War trotzdem froh, weil dies Augenblicke sind, da fühlt man sich nicht allein
Ich könnte wahrscheinlich für die nächsten Stunden immer so weitergehen
Habe sie dabei stumm angelächelt und von der rechten Seite her angesehen
Und sie hat mich ganz fröhlich angelacht und ganz bestimmt nicht ausgelacht
Vielleicht hat mich genau diese Erfahrung wieder ein Stück vorwärts gebracht
WARMES NEST
Eines schönes Tages lernte ich Dich an einem Fest kennen
Man kann unser Treffen ruhig einen grossen Zufall nennen
Von diesem Augenblick an, hat man uns oft zusammen gesehen
Und ich wusste ganz genau, was auch immer wird geschehen
Jeder meiner Schritte wird mir in Zukunft viel besser glücken
Aus lauter Liebe wuchsen uns Flügel auf unseren Rücken
Wir hoben ab und flogen dann fort in den Sonnenschein
Auf direktem Weg in unseren siebten Himmel hinein
Dort bauten wir uns gemeinsam ein schönes Nest
Sicher vor allen Gefahren, bequem aber auch fest
Einfach einen Ort, um Dich in meiner Nähe zu spüren
Und vertraute und ehrliche Gespräche mit Dir zu führen
In unserem Nest fühlten wir uns immer wohl und geborgen
Aber oftmals, wenn Du nicht da warst, machte ich mir Sorgen
Und trotzdem lasse ich Dich immer wieder alleine fortfliegen
Über meine heimlichen Bedenken habe ich nur geschwiegen
Denn Du brauchtest, so wie ich ja auch, Dein Stück der Freiheit
Neben der wohltuende Wärme und der schützenden Geborgenheit
Weil unser Heim soll ein Nest und niemals ein goldener Käfig sein
So fliegen wir manchmal auf getrenntem Wege in den Sonnenschein
Und wir werden uns diese Ausflüge gegenseitig niemals verwehren
Weil wir wissen beide genau, wir werden immer wieder zurückkehren
Trotzdem wenn Du Dich in unserem Nest zärtlich an mich schmiegst
Weiss ich doch genau, dass Du wenig später wieder alleine fortfliegst
Und es geschieht sogar manchmal, da schicke ich Dich von mir fort
Weil ich Dich kenne und ich genau weiss, Du fühlst Dich sehr wohl dort
Würde ich mich Dir aufzwängen und immer mit Dir dorthin mitkommen
Hätte ich Dir damit ein grosser Teil Deiner Persönlichkeit weggenommen
Aus dem Grund müssen wir auch manchmal auf getrennten Wegen gehen
Auch wenn dabei in meinem Herzen nicht nur gute Gefühle bestehen
Weil ich Dich in diesen Momenten in unserem Nest so sehr vermisse
Aber Du sollst zu jedem Zeitpunkt und an jedem Ort genau wissen
Verletzt Du Dich irgendwie an Deinem Flügel, dann rufe nach mir
Und ich werde Dich suchen und bin, wo Du auch bist, sofort bei Dir
Um Dir in Deiner misslichen Lage zu helfen mit meiner ganzen Kraft
Welche tiefe Schlucht durch Deine Probleme in Dir auch immer klafft
Ich werde wirklich alles tun, um diesen Graben wieder zu schliessen
Damit Du auch wieder bessere und angenehmere Zeiten kannst geniessen
Weil wenn ich Dich manchmal auch aus meiner Nähe lasse
Heisst das sicher noch lange nicht, dass ich Dich nicht liebe
Glaube bitte nicht, dass ich Dich damit von mir schiebe
Weil so oft ich Dich loslasse, auch wieder nach Dir fasse
Ich weiss, Du würdest mich auch niemals irgendwo anbinden
Vielleicht ist dies der Grund, warum wir uns immer finden?
KARIN, DIE PUPPE
Es war einmal eine Stoffpuppe, sie wurde Karin genannt
Den meisten Menschen hier ist sie wirklich gut bekannt
Ihr Aussehen war nicht besonders hübsch eher schlicht
Sie stand sehr oft im Abseits, der Mittelpunkt war sie nicht
Karin lebt in einem grossen und voll gestopften Wandkasten
Aber wenn irgendwelche Probleme die Menschen belasten
In diesen Augenblicken ist ihre Zeit dann endlich gekommen
Weil dann wird sie aus dem alten Wandkasten genommen
Und ins Zentrum gestellt, die Rollen sind plötzlich vertauscht
Karin ist eine ziemlich ruhige, kleine Stoffpuppe und sie lauscht
Aufmerksam, wenn Menschen von ihren Problemen erzählen
Anschliessend versucht sie, ihre Antworten gut auszuwählen
Damit sich für die schweren Probleme auch Lösungen finden
Und der Kummer und das grosse Leid schnell verschwinden
Diese kleinen Augenblicke geben dem Leben von Karin
Einen wichtigen und manchmal auch einen fröhlichen Sinn
Denn Karin hilft den Menschen wirklich gerne, wenn sie kann
Sie hat Antworten auf Probleme, die das Leben ersann
Weil sie hat gelernt, mit Kummer und Leid umzugehen
Sie weiss, wie man zuhört, und kann vieles verstehen
In schweren Zeiten ist sie beliebt, dies wird daran liegen
Dass sie immer Zeit hat und sie ist auch sehr verschwiegen
Die meisten Menschen schenken ihren Worten vertrauen
Und lassen sie in Gesprächen tief in ihre Seelen schauen
Karin ist oftmals erstaunt von den Dingen, die sie sieht
Weil sie wusste nicht einmal, dass dies alles geschieht
Aber sie blieb immer ruhig, um dann das Richtige zu sagen
Wenn die Menschen sie in schlechten Zeiten um Rat fragen
Und dies tun sie oft, weil die Worte von Karin geben viel Mut
Deshalb tun sie auch irgendwo zwischen Leib und Seele gut
Doch werden die Zeiten wieder besser, vergeht auch ihre Zeit
Dann steckt man sie zurück in den Kasten und in die Dunkelheit
Es gehört bestimmt nicht zum Wesen von Karin zu lügen
Und trotzdem würde sie Eines sicher niemals anfügen
Dass auch sie eine Schulter nötig hat, zum Anschmiegen
Weil auch sie würde manchmal gerne etwas bequemer liegen
Denn in ihrem Wandkasten ist es sehr dunkel und unheimlich
Von Liebe und Wärme träumt sie in der Regel nur heimlich
Und wenn sie nicht gestorben ist, wird sie heute noch leben
Und in dunklen, schweren Zeiten ihre Wahrheiten von sich geben
1001 NACHT
Sultane und Wesire in schmucken Stoffen gekleidet
Und jedes Detail nach bestem Gewissen vorbereitet
Wie es sich schliesslich auch gehört für 1001 Nacht
Aber irgendetwas habe ich bestimmt falsch gemacht
Denn wenn ich mich im Raum beginne umzuschauen
Dann fällt es mir schwer, meinen Augen zu trauen
Nein, so etwas habe ich wirklich noch nie erlebt
Es kommt mir vor, als wären hier alle festgeklebt
Wie ein Werbespot für Schnellkleber im Fernsehen
Ich gebe es zu, ich kann es nicht wirklich verstehen
Die Menschen lernten sich schon vor Jahren kennen
Trotzdem kommt es mir vor, als ob sie Welten trennen
Diese befremdende Stimmung ist, kaum noch zu ertragen
Haben sich alle diese Menschen, denn so wenig zu sagen
Ob sie es merken, wenn sich einer wie ich davon schleicht
Wahrscheinlich nicht höchsten einer oder zwei vielleicht
Aber ehrlich gesagt, hier habe ich gar nichts mehr verloren
Zwischen Menschen, die ich schätzen lernte, habe ich gefroren
Ich kenne doch so viele ihrer Gefühle und auch ihre Gedanken
Und jetzt trennen uns hier alle scheinbar Meter hohe Schranken
Welcher unübersehbare Unterschied zu unserer Vergangenheit
Weil damals gab es noch ein Gefühl von Zusammengehörigkeit
Jetzt bestehen hier nur noch diese Kälte und ein Gefühl der Steife
Und es hat auch keinen Sinn, wenn ich mich jetzt noch kneife
Weil ich trotzdem nicht erwache aus dem unglaublichen Traum
Den ich hier erblicke, wenn ich mich umsehe in diesem Raum
Es überraschte mich, und ich war dazu noch nicht bereit
Ich übersah in letzter Zeit wohl mehr als eine Kleinigkeit
Doch vielleicht habe ich es auch gar nicht wissen wollen
Auf der anderen Seite, was hätte ich auch noch tun sollen
Wenn keine Interessen mehr für nähere Kontakte bestehen
Dann soll man dies wirklich auch akzeptieren und einsehen
Weil dies ist mehr als ein Traum, es ist unsere neue Realität
Nur ich erkannte es auch diesmal wieder einmal viel zu spät
Ich bin etwas enttäuscht, wie völlig normal ihnen alles erscheint
Natürlich ist die verletzende Entfremdung nicht persönlich gemeint
Eine Sackgasse, sie haben die Kontakte untereinander aufgegeben
Allerdings fürchte ich, sie werden es bereuen im späteren Leben
Ich wünsche jedoch sehr für sie alle, dass ich nicht recht habe
Denn solche Erinnerungen sind manchmal eine schreckliche Gabe
Wäre ich doch ein echter Sultan in einem fernen orientalischen Land
Denn dann würde ich nur mein Zauberstab schwingen mit der Hand
Und schon wäre ich einfach verschwunden und unsichtbar an Gestalt
Aber hier muss ich zu Fuss gehen und dabei ist es leider oft sehr kalt
GESPENSTER
Durch das Mondlicht dringen leise Geigenklänge
Füllen diese Stille, und ziehen durch die Gänge
Im Wohnzimmer tanzen zwei bleiche Gespenster
Und der Wind klopft ganz leise an die Fenster
Wo früher ein Feuer brannte steht heute ein Radiator
Und die alten Ziehbrücke wich einem automatischen Tor
Räume, die heute die Sauna und ein Hallenbad verwahren
Erinnern sich genau daran, als sie noch edle Rossställe waren
Der ehemalige Wassergraben, nur ein Parkplatz blieb davon
In jedem Raum steht in der Ecke nun ein schrilles Telefon
Veraltet sind längst Pergament und das umständliche Siegel
Kanonenkugel zerstörten einst einige Mauern und die Ziegel
Heute hinterlassen noch Immobilienspekulationen ihre Spuren
Lange Zeit ist vergangen, seit die Leute noch mit Kutschen fuhren
Und Kerzen anzündeten, um in der Dunkelheit auch etwas zu sehen
Heute besitzt man jede Mengen Glühbirnen, die automatisch angehen
Wo einst die hübschen alten Ölgemälde im Mondschein schimmerten
Steht ein Fernseher, wo digitale Bilder über den Bildschirm flimmern
Die Bewohner treffen sich manchmal am Abend zu einem 'Small Talk'
Moderne Tapeten verbergen an den Wänden den abbröckelten Kalk
Vor den Fenstern klappert nicht, wie es früher war, ein Fensterladen
Im vergangenen Jahrhundert, da veränderten sich die meisten Fassaden
Nur um Mitternacht, da tanzen die Gespenster noch immer
Über die Stühle und die Tische im geräumigen Wohnzimmer
Nichts nützen Spiegel, weil sich selber sieht man doch nicht
Und gegen Blindheit nützt sicher auch kein elektrisches Licht
Das alte Schloss wurde schon längst zu einem grossen Haus
Aber die Unterschiede zu seiner Vergangenheit blieben aus
Die grosse Chance zu lernen, hat der Mensch leider verpasst
Ein Jahrhundert ist vergangen in aller Ruhe und ohne Hast
Aber viele Veränderungen gab es in dieser Zeit trotzdem nicht
Die Menschen auf der Welt tragen dasselbe bleiche Gesicht
Die Erde hat sich unaufhaltsam Stück für Stück weiter gedreht
Dass der Mensch von heute immer noch am gleichen Ort steht
Liegt nur daran, dass er immer nur redet und niemals zuhört
Und selten etwas nützt, sondern leider hier meistens nur stört
Durch das fahle Mondlicht dringen leise Geigenklänge
Füllen die Stille, und ziehen durch die einsamen Gänge
Im Wohnzimmer tanzen immer noch bleiche Gespenster
Und der Wind klopft ganz leise an die grossen Fenster
BEGEGNUNG DER DRITTEN ART
Warte auf einen Kollegen, bei hereinbrechender Nacht
Es ist diese Zeit, wo das Leben in einer Stadt erwacht
Elektrische Lichter und Neonröhren ersetzen die Sterne
Und ein grünes Tram taucht lautlos auf aus der Ferne
Die Scheiben, welche das Licht der Beleuchtung knicken
Lassen die Gesichter schlecht erkennen, die hinausblicken
Trotzdem erscheint mir, als ob alle Gesichter mich anschauen
Plötzlich glaube ich, meinen Augen nicht mehr ganz zu trauen
Habe ich zwischen diesen Gesichtern nicht auch Deines erkannt?
Am liebsten wäre ich schnell hinter diesem Tram nachgerannt
Doch als es hinter der nächsten grossen Kurve verschwindet
Wird mir klar, dass sich Dein Gesicht nicht im Tram befindet
Gestern war ich an einem Konzert in einem riesigen Menschenhaufen
Ich hatte Durst und wollte mir deshalb rasch am Stand ein Getränk kaufen
Überall eine riesige Menge Menschen auf dem WC und in den Gängen
Welche sich alle scheinbar ziellos in irgendeine Richtung drängen
Endlich hatte ich bezahlt und mein bestelltes Getränk in der Hand
Was soll denn das? Ist das etwa ein Streich von meinem Verstand?
Denn dort weit vorne glaube ich, Deinen Haarschopf zu erkennen
Am liebsten würde ich durch die Menschenmenge zu Dir hinrennen
Doch ich weiss ganz genau, ich muss nicht an diesen Ort gehen
Weil ich würde trotzdem nur eine mir fremde Person dort sehen
Es sind Bilder aus der Erinnerung, die mein Augenlicht stören
Also gehe ich zurück in den Saal, um dort das Konzert zu hören
Endlich Feierabend, in der warmen Küche zu Abend gegessen
Und anschliessend gemütlich vor den Fernseher gesessen
Bei einem Wechsel von einem zu einem anderen Fernsehkanal
Erblickte ich, völlig überraschend für mich, Dich auf einmal
Dasselbe Gesicht und dieselbe Haare genau wie Du es hast
Habe ich in letzter Zeit doch vielleicht etwas Wichtiges verpasst
Denn ich wusste gar nicht, dass Du auch Schauspielerin bist
Über was rede ich, jeder weiss doch, dass dies nicht wahr ist
Wo immer ich Dich auch sehe
Es hat keinen Sinn, wenn ich zu Dir gehe
Denn ich weiss genau, es ist nur Schein
Fantasie, Du kannst es gar nicht sein
Die Begründung dafür ist nicht schwer
Denn Du lebst leider nicht mehr
Trotzdem - Dich in meiner Einbildung zu sehen
Hat mir sehr geholfen, etwas leichter zu verstehen
Dass Du über Deinen Tod hinaus weiterlebst
Und immer noch nach Deinen Prinzipien strebst
BALLADE VOM WAHREN WEG
Auf der Suche nach einer Abkürzung verliess ein kleines Kind den Asphalt
Und so geschah es, dass dieser Junge sich schrecklich verirrte im Wald
Mitten im finsteren Wald blieb er plötzlich an einer Weggabelung stehen
Zwei Pfade führten in verschiedene Richtungen, einer war kaum zu sehen
Der andere Weg nach rechts war breit, gut hergerichtet und im Sonnenlicht
Der zweite Pfad war schmal, verschlungen und führte direkt in das Dickicht
Auf der breiten Strasse waren zahlreiche Fussspuren und Grillplätze zu sehen
Der andere Weg schien eher beschwerlich und nur mit viel Mühe zu begehen
Und an den Ästen mit den kleinen Dornen kann man sich leicht verwunden
Den sonnigen Pfad hätte jeder bestimmt vollkommen problemlos überwunden
Nicht so der verschlungen Weg, weil dort waren, einige Blutspuren zu sehen
Die Entscheidung fällt dem Jungen schwer, welchen Weg soll er nur gehen?
Den Verschlungenen und Beschwerlichen oder doch lieber den Sonnigen dort
Sie führen beide scheinbar nicht zum selben Ziel auch nicht an den gleichen Ort
Welcher führt aber an sein persönliches Ziel, wie soll der Junge, dies wissen?
Er könnte seinem Gewissen folgen, doch dann wären seine Kleider zerrissen
Oder er könnte auch weiter auf dem Pfad des geringsten Widerstandes gehen
Doch dann würde er vielleicht sein persönliches Ziel niemals vor sich sehen
Er hat sich verirrt, er steht ruhelos hier und ist in seiner Unsicherheit gefangen
Niemand kann ihm einen Rat geben, denn niemand ist beide Pfade gegangen
Alle haben immer nur den Einen oder den anderen Weg für sich selbst gewählt
Es ist so schwer zu entscheiden, welches Argument in diesem Moment zählt
Deshalb konnte er sich für keinen der beiden Wege richtig entscheiden
Er fühlte, der schmale Weg war richtig, aber er wollte doch nicht leiden
Und es ist bestimmt nicht einfach, sich für diesen Weg zu überwinden
Aber jeder muss seinen Pfad ganz persönlich für sich alleine finden
Und weil der Junge nicht wusste, welchen von den Pfaden er sollte gehen
Führte sein eigener Weg nicht weiter, er blieb wie angewurzelt dort stehen
Und mit den Jahren wurde der kleine Junge erwachsen, und er wurde alt
Die Leute kannten ihn unter dem Namen, den freundlichen Geist vom Wald
Immer wenn jemand bei einem Spaziergang zu der Kreuzung kommt, spricht er
Fürchte Dich vor Deinem eigenen Spiegelbild, es ist Dein strengster Richter
Und tanzten dann zwischen den Blätter der Bäume die glitzernden Lichter
Konnte man den freundlichen Geist zusammen mit dem Wind flüstern hören
Lass Dich von den unüberlegten Sprüchen der anderen doch nicht stören
Du musst Dich ganz alleine für einen der beiden Wege hier entscheiden
Weil unter einer falschen Wahl wirst Du in den nächsten Jahren leiden
Deshalb folge nicht Deinem Verstand sondern Deinem Herz und Gewissen
Wird Deine weiche Haut auch zerstochen und die Kleidung dabei zerrissen
Es ist immer noch sehr viel besser, als an einer Kreuzung stehen zu bleiben
Und sich während vieler Jahren nur unentschlossen die Hände zu reiben
Also gehe vorwärts, um Deinen eigenen Weg zu finden
Damit Zweifel und Hoffnungslosigkeit verschwinden
Inhaltsverzeichnis
SUCHE NACH EINER NEUEN WELT
Sage mir, wer sollte uns eigentlich noch rühmen?
Laute Musik und in merkwürdige skurrilen Kostümen
Fragende und sehr weit aufgerissene Pupillen
Und nicht immer ganz Herr von unserem Willen
Neues ausprobieren, ein Leben voller Exzesse
Und doch der nächste Schritt unserer Genese
Orientierungslos, überfordert vom eigenen Leben
So voller Fragen und doch keine Antwort zu geben
Der ständige Zwang, sich profilieren zu müssen
Immer bereit eine schillernde Welt zu begrüssen
Beherrscht von Anforderungen und auch vom Geld
Ständig auf der Suche nach einer anderen Welt
Kampf gegen Vorschriften und doch voller Tabus
Piercing, Tätowierungen, Branding und Lulus
Werte verloren, und noch keine Neuen gefunden
Vorgegebene Zielen, die Eigenen verschwunden
Vollgepumpt mit Inputs und mit weisen Pillen
Die doch niemals helfen, aber auch nicht killen
Von der Welt überfordert und sich dafür schämen
Angst, die Erde mit ihren Problemen zu übernehmen
Welche von den vergangenen Generationen herrühren
Sackgassen, ohne Strassen, die wieder herausführen
Auf der anderen Seite noch nicht richtig danach gesucht
In Mögliche und unmögliche Extreme führt jede Flucht
Furcht, mit den persönlichen Sorgen alleine zu stehen
Weil man in der sauberen Welt keine Flecken darf sehen
Viele Gesprächspartner, welche einem niemals zuhören
Das versteckte Gefühl in der Seele, hier bloss zu stören
Die grosse Welt für ein junges Herz nicht mehr fassbar
Ist das schon alles, was ist denn eigentlich noch wahr?
Was wir brauchen ist eine führende Hand
Eine mit viel Herz und auch viel Verstand
Jemand, der das Leben auf der Welt versteht
Und weiss, wie man mit den Problemen umgeht
Aber wem kann dies eigentlich noch gelingen?
Wer kann die nötigen Voraussetzungen mitbringen
Weil wir doch hier alle irgendwie überfordert sind
Ganz egal, ob als Erwachsener oder noch als Kind
Wer weiss denn noch, wie es weiter gehen sollte
Es ist dieser Fortschritt, der uns längst überrollte
DER GURU RUFT
Mir scheint, als hörte ich Dich früher niemals so laut lachen
Es ist, als ob Du beginnst, aus einem Schlaf zu erwachen
Diese plötzliche Wandlung, es muss etwas Mystisches sein
Gestern erzähltest Du mir glücklich, Du bist nicht mehr allein
Du trafst einen guten Menschen, der alle Lösungen kennt
Und welcher sich völlig zu Recht einen grossen Meister nennt
Dein leuchtendes Strahlen in Deinen Augen freut mich wirklich
Doch bei genauerem Hinsehen überkommen die Zweifel mich
Weil ich schaue nur zu und sehe Dich ganz langsam entgleiten
Es hat keinen Sinn, mit Dir über diese Angelegenheit zu streiten
Ich gebe auch zu, er hat immer die richtigen Worte zur Hand
Doch ich bitte Dich benütze doch nur einmal Deinen Verstand
Es ist mir doch wirklich völlig egal, mit wem Du ins Bett gehst
Aber das Du den Schwindel nicht durchschaust und verstehst
Höre nur dieses eine Mal auf einen guten Freund, auf mich
Lasse ihm doch niemals die freie Verfügbarkeit über Dich
Folge dem so verlockenden Ruf nicht, wenn Dein Guru ruft
Weil was er Dir erzählt, ist wirklich nur abgestandene Luft
Du sagst mit strahlenden Augen, fühle sie, diese Harmonie
Eine solche Wärme und Geborgenheit erlebtest Du noch nie
Und ich sehe Deine Brüder und Schwester ja auch lachen
Deshalb muss man für den Meister doch nicht alles machen
Denn er kann Dir das Seelenheil bestimmt niemals bringen
Nein, dies kann ihm unter gar keinen Umständen gelingen
Weil Dein Seelenheil musst Du ganz alleine für Dich finden
Es hat keinen Sinn, Dich so sehr an seine Worte zu binden
Sind seine Worte auch in sehr geschickte Sätze verpackt
Zeige ihm trotzdem Deine geschundene Seele nicht nackt
Denn er wird Dich eines fernen Tages schändlich ausnützen
Glaube mir, Du kannst Dich nur für kurze Zeit auf ihn stützen
Und dann wird er Dich wie eine heisse Kartoffel fallen lassen
Aber ich merke, wie Dein Realitätssinn beginnt zu verblassen
Und Ich fürchte, Du hörst mich schon sehr lange nicht mehr
Die schlauen Worte Deines Gurus wiegen schon viel zu schwer
Mir scheint, er hat seine versteckten, falschen Ziele bereits erreicht
Weil Du warst für diesen kalten und böigen Wind einfach zu leicht
Er hat Dich mit einem geschickten Schachzug mit sich fortgetragen
Was soll ich Dir zu diesem gemeinen Spiel jetzt auch noch sagen
Meine Worte holen Dich auch nicht mehr zurück
Du glaubst, Du findest mit ihm Dein grosses Glück
Ich spüre, wie meine Hände nur noch ins Leere fassen
Und sehe ein Bild von einem geliebten Menschen verblassen
KORB VOLLER GEFÜHLE
Gegen Mitternacht unter dem Dach angelehnt an einem Balken
In mir die Geborgenheit und die Schwerelosigkeit eines Falken
Einer dieser unerklärlichen Tage, die man so selten darf erleben
Stille, wohltuende Harmonie und das schöne Gefühl zu schweben
Links und rechts viele Menschen, welche miteinander tuscheln
Müde und erschöpfte Körper, welche sich aneinander kuscheln
Ich kenne die Namen und auch die Geschichten von so vielen
Der Tag beginnt sich, vor meinen Augen nochmals abzuspielen
Viele Bilder davon werden wohl niemals wieder ganz verblassen
Aber das Meiste kann ich überhaupt noch nicht richtig erfassen
Ich fühle so viele verwirrende, fremde Gefühle ganz tief in mir
Doch das Wesentliche geschah wohl heute ungefähr gegen vier
Waren gut vorbereitet und doch überfordert, so kam es zum Krach
Ein Blitzschlag löste das Gewitter, war zwischen stark und schwach
Worte, Tränen und laute hysterische Schreie drangen an mein Ohr
Pure Ohnmächtigkeit, so dass einem das Blut in den Adern gefror
Nur auf und davon, auf der Flucht mit Tränen in meinem Gesicht
Zurückgekehrt an denselben Ort aus einem Gefühl der Pflicht
Da bestanden viele verwirrende, fremde Gefühle ganz tief in mir
Aber eines wusste ich ganz genau mein Platz bleibt heute hier
Und keines der so intensiven Gefühle ist mir dabei entgangen
Ich bin ziemlich tief gefallen, und ich wurde wortlos aufgefangen
Und gleichzeitig habe ich dabei andere Stürzende festgehalten
Habe plötzlich das ganz ehrliche Bedürfnis, die Hände zu falten
Um ein Gebet in den Himmel zu senden, um dafür zu danken
Denn an diesem Tag zerbrachen in mir so viele Schranken
Während den letzten drei Tagen ist niemals Ruhe eingekehrt
Es war trotzdem schön, habe mich deswegen nicht beschwert
Jetzt ist zum ersten Mal Zeit, einige Augenblicke zu versäumen
Da reisst mich eine gut vertraute Stimme aus meinen Träumen
"Was ist mit Dir heute denn nur geschehen
Ich habe Dich noch nie so strahlen gesehen"
Ohne Antwort schaue ich sie nur leise lächelnd an
Weil man solche Gefühle doch nicht beschreiben kann
Nur eine leichte Berührung und ein kurzes Kopfnicken
Und dieser Genuss in verständnisvolle Augen zu blicken
Ich wusste genau, ich werde es niemals wieder vergessen
Einfach den Worten gelauscht und glücklich dagesessen
Die Stimmen um mich sind langsam aber sicher verklungen
Zum Abschluss haben wir noch ein stilles Lied gesungen
Anschliessend haben wir uns müde und erschöpft aufgemacht
Und dann blieb nur noch die Stille und die Ruhe einer Nacht
Trotzdem habe ich noch sehr lange keinen Schlaf gefunden
Weil viel zu viele Gefühle habe ich noch in mir empfunden
VERFÜHRT UND VERLOREN
Ich sehe ein ganz kleines Lächeln
Macht nun Platz dem Tränenbächlein
Wenn ich mit dieser Wandlung etwas zu tun habe
Hat dies nichts zu tun mit einer besonderen Gabe
Denn viel mehr ist dabei das grösste Stück
Von dieser Veränderung wirklich nur Glück
Aber wenn mich Deine Augen so anstrahlen
Fühle ich, ich beginne, langsam zu fallen
Ich weiss, Du würdest mich auffangen
Aber wo würden wir dann hingelangen
Deshalb kannst Du es sicher verstehen
Es wird Zeit, ich muss jetzt nun gehen
Schaue, mich nicht so fragend an
Wieso ich jetzt gehen kann?
Ich kann es ja auch nicht
Aber ich schaue nicht in Dein Gesicht
Meine Prinzipien sind für Dich kein Begriff
Aber mich haben sie ziemlich fest im Griff
Meine Regeln sind hart und doch schlicht
Ich weiss, leicht ist es bestimmt nicht
Ich habe mit Dir lange gesprochen
Und Deine Schutzmauern zerbrochen
Als wir Dich einst alleine vorfanden
Aber Du hast mich nicht verstanden
Sonst würdest Du mich nun nicht fragen
Ich werde Dir die Antwort nicht sagen
Ich gehe, es ist besser für mich
Und leider auch besser für Dich
Meine Arme sind ein guter Halt
Aber Du hättest in Ihnen nur kalt
Ich bin schon viel zu weit gefallen
Versuche mich, am Rand festzukrallen
Ich weiss, es kann keine Lösung sein
Aber löse nicht meinen letzten Stein
Merkst Du nicht, Ich fange an zu lallen
Und beginne schon, in das Nichts zu fallen
Ich weiss, Du würdest mich auffangen
Aber wohin würden wir dabei gelangen
Wir würden Beide irgendwo im Nichts enden
Und dort werde ich Dich niemals hinsenden
Deshalb behalte jetzt einfach Dein Lächeln
Ich behalte für mich Dein Tränenbächlein
Ich werde jetzt gehen
Ich weiss, Du wirst es nie verstehen
CHRIS VOR DER MAUER
Ich kannte früher einen merkwürdigen Kerl, der hiess Chris
Der war ständig auf der Suche nach dem verlorenen Paradies
Und er war furchtbar begierig darauf, es einmal zu entdecken
Er fragte sich, welche Dinge sich hinter der Mauer verstecken
Die meisten Menschen durchqueren Mauern ja durch Türen
Aber dabei werden sie wohl niemals die Wahrheit spüren
Chris hatte diese Tatsache schon in frühen Jahren erkannt
Und deshalb ist er Kopf voran gegen jede Mauer gerannt
Sicher, er versuchte auch darüber zu klettern mit einem Seil
Aber die Mauer war viel zu hoch, zu glatt und auch zu steil
Deshalb rannte er immer weiter dagegen ohne einen Helm
Doch Chris war bestimmt nicht dumm viel eher ein Schelm
Die Menschen, die vorbeikamen, schüttelten nur ihre Köpfe
Aber genau genommen waren ja sie die armen Geschöpfe
Auch wenn sie sagten, der ist doch durchgeknallt, dieser Chris
Steckten ihn in ein Irrenhaus oder besser gesagt in ein Verlies
Doch Chris liess sich damit nicht von seiner Aufgabe ablenken
Sollen seine Mitmenschen doch, was sie wollen über ihn denken
Er rannte und schlug weiter unaufhaltsam gegen die steinerne Wand
Schmerzten ihn dabei auch fürchterlich sein Kopf und seine Hand
Aber hinter diesen unnachgiebigen Steinen lag sein einziges Ziel
Und das war seine Lebensaufgabe und nicht etwa nur ein Spiel
Chris wird es immer besser als diese dummen Spötter wissen
Und schaue da, die Mauer bekam kleine aber sichtbare Risse
Von Zeit zu Zeit hielt er inne aber nur für ein paar Sekunden
In den Augen der vielen Zuschauer hat er nur Spott gefunden
Aber die dummen Sprüchen und Missbilligungen nahm er in Kauf
Den von neuem ging er zurück und nahm einen riesigen Anlauf
Kurze Zeit später ist er unbarmherzig gegen die Mauer gekracht
Ein höhnisches Gelächter ertönte, alle haben sie ihn ausgelacht
Doch er wollte sich deswegen mit den Leuten nicht streiten
Nur Missbilligungen, es waren für ihn sehr schwere Zeiten
Aber er wusste, was er tat, nein, er war nicht von Sinnen
Er hatte ein Ziel, dies war mehr als die Meisten von Ihnen
Die den Kopf schüttelten, wenn sie ihm spöttisch zuschauten
Den Augen bei der Sinnlosigkeit seines Vorhabens nicht trauten
Nichts von alldem hat Chris seine grosse Überzeugung geraubt
Weil er hat unbeirrbar an seinen ungewöhnlichen Weg geglaubt
Und eines war ganz gewiss, der Mann, welche alle kennen, Chris
War ständig auf der langen Suche nach dem endgültigen Paradies
Und er war furchtbar begierig, dieses Wunder endlich zu entdecken
Welche wunderbaren Dinge mögen sich hinter der Mauer verstecken
Und erstaunlicherweise hatte sein Anrennen doch etwas genützt
Denn die riesige Mauer ist wirklich mit lautem Getöse eingestürzt
Aber Chris fiel bedauerlicherweise einer der Stein auf den Kopf
Die schöne neue Welt, die er erschuf, sah er nie, der arme Tropf
SONJA HINTER DER MAUER
Mauern wachsen ohne Wasser und Sonne aus ihrem Samen
Aber Sie stürzen niemals wieder von ganz alleine zusammen
Wie aus heiterem Himmel hat es plötzlich auch Sonja erwischt
Einer dieser unheilvollen Samen hat sich in ihr Leben gemischt
Und es ist in der Regel schon zu spät, wenn man es bemerkt
Die Mauer wurde grösser und hat sich ständig selbst verstärkt
Bis sie von einem Tag auf den anderen Sonja völlig einschloss
Und wenn von Zeit von Zeit auch einmal eine kleine Träne floss
Trocknete sie aus und verschwand unbemerkt unter einem Stein
Sonja war in ihrem Leben bestimmt nie einsam, sie war nur allein
Jetzt steht sie hinter dieser dicken und unüberwindbaren Wand
Jeder kannte sie, aber ihre Worte hörte leider trotzdem niemand
Dies lag an der Mauer, denn ihre Stimme war sicher nicht zu leis
Und so drehte sich Sonja unter all den Menschen immer im Kreis
Sie weiss auch nicht, warum die dicken Mauern stehen so nah?
Ja sie sieht die Wände nicht einmal, aber sie sind trotzdem da
Sonja hofft nun, es wird jemand die Mauer zum Einsturz bringen
Nur auf diese Weise wird Ihr die Flucht eines Tages gelingen
Diese hohe Mauern werden ihr immer etwas Angst einflössen
Es ist wahr, jemand braucht nur, einen einzelnen Stein zu lösen
Die ganze Mauer würde mit einem lauten Knall zusammenkrachen
Und Sie bekommt die Gelegenheit, sich aus dem Staub zu machen
Es ist einfach, sie wartet nur auf diesen uneigennützigen jemand
Nur - dieser „jemand“ würde begraben unter der einstürzenden Wand
Dies weiss auch jeder, darum sieht man alle weiter achtlos vorbeigehen
Mit einem Lächeln machen sie den Anschein, als würden sie nichts sehen
Sonja sieht sie alle, aber sie kann jeden einzelnen von Ihnen verstehen
Aber trotzdem hofft sie, es wird eines Tages ganz unverhofft geschehen
Dass ein Mensch in der Zukunft vor ihren unmöglichen Mauern auftaucht
Und ihr endlich die reine Luft gibt, welche sie doch zum Atmen braucht
Es muss auch ganz sicher nicht ein Held sein, einfach nur ein jemand
Der in der Mauer löst diesen einen verflixten Stein mit sicherer Hand
Er wird mit dieser Tat bestimmt keinen Blumentopf gewinnen können
Abgesehen von den Sekunden die ihm das gute Gewissen kann gönnen
Bevor die einstürzenden Mauerbrocken auf seinem Kopf einschlagen
Aber trotzdem wird es eines fernen Tages jemand für sie wagen
Darauf wartet sie in ihrer Stille und mit enorm grosser Geduld
Armes Mädchen an ihrer Situation trug sie niemals Schuld
Sage nicht, Du hast diese Geschichte nie wahrgenommen
Weil sie wird bestimmt immer wieder und überall vorkommen
In jeder Strasse, in jedem Dorf, in jeder Stadt und in jedem Land
Ich frage mich im Stillen, warum ist meine Name heute „Jemand“
WELTREISE
Ich dachte bestimmt nie, dass mich hier etwas hält
Ja, es gab eine Zeit, da wollte ich hinaus in die Welt
Meine Ziele waren Amerika, Australien oder China
Ganz egal wohin Hauptsache der Ort lag nicht nah
Die Tristesse hier liess mich nach der Ferne fassen
Hatte nichts Wichtiges, was ich musste zurücklassen
Bis sie zu mir sagte, wovor willst Du davonrennen?
Ich antworte ihr, ich will nur einmal die Welt sehen
Sie lächelte, dafür musst Du nicht so weit gehen
Willst Du die weite Welt wirklich lernen kennen
Dann mache nur einen Schritt aus Deinem Haus
Gehe auf Deine vertraute Strasse vor die Tür hinaus
Schaue Dir die Menschen an in einer finsteren Nacht
Und schaue sie Dir an, wenn die Sonne freundlich lacht
Schliesse Deine Augen nicht im Nebel - nicht im Regen
Und vergiss niemals, wer Dir hier alles kommt entgegen
Lerne zu sehen, lerne, die seltsamen Dinge zu verstehen
Und Du wirst viel mehr von dieser weiten Welt sehen
Als Dir fremde Städte und unbekannte Strassen sagen
Doch es braucht grossen Mut, man muss sehr viel wagen
Die Welt in sich zu lassen, denn man wird einen Teil von ihr
Und Du kannst Dich von ihr in Zukunft nie mehr losreissen
Nur auf diese Weise siehst Du wirkliche die Welt vor Dir
Aber ich gebe zu, es ist sehr viel einfacher weit zu reisen
Weil dieser Weg kann man mit Geld und Luxus gehen
Doch die grosse Welt wird man dabei niemals sehen
Vergiss niemals, dass Kameras nur Fassaden aufnehmen
Als fremder Tourist werden sie Dir nur etwas vorschwärmen
In allen fernen Ländern werden sie es bestimmt vermeiden
Zu zeigen, das wahre Glück und die wirklichen Leiden
Willst Du wirklich die Welt sehen, dann bleibe hier
Denn die wahre Welt spiegelt sich in Deinem Quartier
Mit den Leuten musst Du reden und auch schweigen
Und sie werden Dir unaufgefordert die Wahrheit zeigen
Denn diese Mitmenschen reden nicht von bunten Prospekten
Und es sind bestimmt nicht blosse Showdowns in Kollekten
Es ist doch nur eines, unsere Welt und die einzige Wahrheit
Um sie zu erfassen, braucht es nur Dein Wille und etwas Zeit
Ich weiss, es fällt Dir schwer, dies zu verstehen
Aber ehrlich willst Du die wirkliche Welt sehen
Dann mache eine Schritt hinaus vor Deine Tür
Aber den Meisten fehlt leider der Mut dafür
UNERWARTET KOMMT DAS ERWARTETE
Es ist Oktober und eine grelle Sonne scheint
Ein Spätsommer, der es sehr gut mit uns meint
Weit und breit kann man fröhliche Gesichter sehen
Frohen Mutes werde ich jetzt über die Strasse gehen
Es war am Nachmittag, ich schätze ungefähr gegen drei
Plötzlich eine quietschende Bremse und eine laute Hupe
Ein ganz kurzer Schreck und dann ein fast lautloser Schrei
Ab diesem Moment erscheinen mir alle Bilder wie in Zeitlupe
Ein kurzer Gedanke, warum müssen die immer so rasen?
Als mich die Vorderräder von dem schnellen Auto erfassen
Die eben noch lachenden Gesichter waren plötzlich erfroren
Dann habe ich im Chaos völlig meine Orientierung verloren
Ich spüre die schweren Räder über mein linkes Bein fahren
Merkwürdig eigentlich müsste ich grosse Schmerzen erfahren
Aber eigentlich ist es ein anderes Gefühl viel eher angenehm
War auch meine momentane Lage vielleicht etwas unbequem
Die Leute rings um die Szene rennen alle schnell zusammen
Irgendeiner der mich kennt, ruft im Getümmel meinen Namen
Aber ich erkenne in diesem Gedränge nicht mehr, wer es ist
Ist dies wohl mein Blut, was mir über mein Gesicht fliesst?
Ich habe dieses Gefühl, in ein ganz tiefes Loch zu fallen
Von den um mich stehenden Massen höre ich ein Lallen
Ich sehe sie, aber irgendwie wie aus weiter Entfernung
Mir ist nicht bewusst in welcher brenzligen Situation ich bin
Aber seltsame Gedanken kommen mir plötzlich in den Sinn
Morgen in der Zeitung finde ich bestimmt auch Erwähnung
Bilder aus der Vergangenheit schwirren durch meine Gedanken
Ich schwebe durch den Raum ohne Hindernisse und Schranken
Die ganze Situation hier, sie scheint, mich gar nichts anzugehen
Mir ist nicht einmal klar, was ist mit mir eigentlich geschehen
Von einem Augenblick auf den anderen habe ich Klarsicht
Ich verstehe plötzlich, dass mein Lebensweg heute abbricht
Es ist ein merkwürdiges Gefühl, keine Gefühle mehr zu haben
Das Getue rings um mich scheint, mich immer weniger anzugehen
Ich bekomme nur noch mit, dass mir eine Menge Menschen zusehen
Vier Tage später werde ich dann auf einem Friedhof begraben
Da sind sehr viel weniger Menschen als bei meinem Unfall
Aber in meinem Zustand interessiere ich mich nicht für eine Zahl
Sie hätten ruhig auch alle zuhause bleiben können
Um sich selber und mir auch etwas Ruhe zu gönnen
So ruhig zu liegen war merkwürdigerweise gar nicht so schwer
Nur irgendwie ziemlich einsam, auf seltsame Weise einfach leer
LIEBESGEDICHT
Es ist kein Zufall, dass ich nach Dir spähe
Ich fühle mich einfach wohl in Deiner Nähe
Schimpfe mich ruhig einen absoluten Narr
Aber ich mag Dein langes blondes Haar
Und liebe, wenn Deine Augen mich anstrahlen
Für die Augenblicke mit Dir würde ich viel bezahlen
Kein Geld, denn Du bist bestimmt nicht käuflich
Deine Worte sind in den meisten Fällen so trefflich
Dass ich daneben wie ein Waisenknabe aussehe
Begreifst Du jetzt endlich, dass ich auf Dich stehe
Ich möchte Dein Herzschlag auf meiner Haut spüren
Und Dich zärtlich in meine bunten Träume entführen
Mache Dir Angebote mir einen Schritt näher zu kommen
Aber Du hast leider kein einziges davon angenommen
Trotzdem habe ich das Gefühl Du bist mir nicht abgeneigt
Denn dies haben mir einige unserer Gespräche gezeigt
Ich weiss nicht, wie ich Dich doch noch könnte gewinnen
Alle meine Möglichkeiten scheinen mir zu entrinnen
Ich bin halt ein hilfloser und auch schüchterner Mann
Mit einer ansteckenden Fröhlichkeit lächelst Du mich an
Erzählst mir Geschichten und Episoden aus Deinem Leben
Mir wird langsam bewusst, dass ich irgendwie leide daneben
Ich versichere Dir, ich treibe hier kein hinterhältiges Spiel
Vielmehr verfolge ich mit meinem Handeln ein ehrliches Ziel
Ich war eigentlich schon immer gerne mit Dir zusammen
Hatte für meinen Gefühle nur nie den richtigen Namen
War mir leider viel zu lange selbst nicht sicher
Ist diese Aussage nicht sehr viel ehrlicher?
Als wenn ich vollkommen überzeugt erkläre
Dass es Liebe auf den ersten Blick wäre
Diese Behauptung wäre doch wirklich gelogen
Doch längst ist der kleinste Zweifel in mir verflogen
Denn in der Zwischenzeit habe ich längst erkannt
Ich weiss, meine Gefühle werden Liebe genannt
Aber zugeben will ich dies trotzdem nicht
Denn es könnte jemand über mich lachen
Ich bleibe ich lieber im Schatten als im Licht
Habe Angst vor einem schrecklichen Erwachen
PUZZLE DES LEBENS
Manchmal, wenn ich mich an der grossen Hektik der Umwelt nicht störe
Schalte ich ab und liege gemütlich auf meinem Bett, wobei ich Musik höre
Bin dabei nicht traurig und nicht glücklich, nur meine Batterien sind leer
In der Ruhe lade ich mich wieder auf, ist der Stress auch nicht lange her
Auf der Reise zu mir selbst scheinen viele Gedanken, mich zu begleiten
Es sind Geschichten - kleine Episoden aus längst vergangenen Zeiten
Bruchstücke - ganz winzig kleine Bausteine von einem erfühlten Leben
Gedanken - die fragend auf mich einwirken - ohne eine Antwort zu geben
Siege und auch Niederlagen, die man einst focht mit dem Schwerte
Auffällig, zufällig und auch wertlos aber sicherlich niemals ohne Werte
Ich spüre wie sich die vielen Geschichten zu einem Bild zusammenfügen
Zu einem Selbstporträt - einem Spiegelbild, welches niemals wird lügen
Aber wenn man die unscheinbaren Formen und Farben des Bildes entdeckt
Macht man verstört einen Sprung zurück - die Erkenntnis hat erschreckt
Man ist sich ganz sicher, dieses eindeutige Bild muss einfach lügen
Einzelne Teile beginnt man auszuwechseln, um andere anzufügen
Vor dem inneren Auge beginnt nun, ein anderes Bild zu entstehen
Aber man braucht es, nur einige wenige Sekunden lang anzusehen
Bis man wiederum feststellt: „Das - Das bin ich ganz bestimmt nicht“
Und damit dieses so verräterische Spiegelbild endgültig zerbricht
Wirft man hilflos und verärgert einen schweren Stein oder ein Ziegel
Schon zerschmettert er in tausend Stücke, dieser verfluchte Spiegel
Aber wie viele Spiegel auch immer von neuem zerspringen
Es wird wohl niemandem endgültig und für immer gelingen
Von der eigenen Vergangenheit und der Wahrheit davonzulaufen
Man kann sich ein neues Gesicht aber keinen neuen Charakter kaufen
Die Bilder, die in einem selbst entstehen, werden nie verschwinden
Weil wir werden uns immer von neuem im Spiegelbild wiederfinden
Man kann sich ein eigenes Bild malen und an die Fassade hängen
Aber die Wahrheit wird sich doch wieder in den Vordergrund drängen
Ich weiss, es ist nicht einfach, mit dem eigenen „ICH“ zu leben
Aber Du musst doch auch eines Tages lernen, Dir selber zu vergeben
Male ruhig ein Bild für die Anderen, wenn Du vor ihrem Urteil bangst
Aber habe von den stillen Momenten und vor Dir selbst keine Angst
Schaue mit offenen Augen in Deinen eigenen schillernden Spiegel
Du zerstörst ihn nicht mit Ausreden und auch nicht mit einem Ziegel
Versuche, den Blick für die Realität, nicht zu verlieren
Lerne, Ungereimtheiten und Unebenheit zu akzeptieren
Jeder Lebensweg ist lang
Und jeder beginnt am Anfang
FÜR EINEN UNBEKANNTEN
Hier starb jemand in absoluter Ruhe und im Schweigen
Genauso wie er einst tanzte in seinem Lebensreigen
Weil er war vollkommen unauffällig, kaum zu sehen
Er war nicht der Typ dazu, um im Mittelpunkt zu stehen
Und so wird auch nie jemand eine Strophe über ihn singen
Oder seine faszinierende Lebensgeschichte zu Gehör bringen
Dass er in Zukunft nicht mehr da ist, fällt kaum jemandem auf
Diese Geschichte ist auch nichts anderes als der Dinge Lauf
Auf seinem Grabstein hat es noch jede Menge Platz
Weil da steht überhaupt kein Spruch und auch kein Satz
Nur zwei schmucklose und nichtssagende Zahlen
Welche aber den Passanten nicht weiter auffallen
Da gibt es niemand, der sich Gedanken gemacht hätte
Über die richtigen Worte für seine ewige Grabstätte
Er war ein Nichts, denn er lebte ruhig und leise
Niemals gehörte er zu dem erleuchtenden Kreise
Vor seiner Grabstätte bleibt auch kaum jemand stehen
Nur eine kleine Gestalt kann man von Zeit zu Zeit dort sehen
Die anderen Besucher haben das Mädchen nicht gekannt
Wahrscheinlich war sie mit ihm irgendwie verwandt
Jede Woche stand es dort, das kleine, trauernde Kind
Auf dem ungeschmückten Grab flackerte eine Kerze im Wind
Das Mädchen stellte sie vor wenigen Minuten vor den Grabstein
Und auf ganz seltsame Weise scheint dies auch kein Zufall zu sein
Denn sollte jemand den ihn kannte in diesem Moment vorbeigehen
Er würde darin ganz bestimmt eine gewisse Symbolik sehen
Denn wie eine Kerze im Wind, war dieser, der jetzt hier liegt
Hatte er zu Lebzeiten auch niemals gelernt, wie man siegt
Aber er hat es sich auch niemals einfach nur leicht gemacht
Seine Flamme hat so manches erloschene Feuer wieder entfacht
Indem er sich in seinem spärlichen Glück nicht einfach sonnte
Sondern seine schützenden Hände darbot, wo er helfen konnte
Er war kein bequemer Typ, er legte seine Hände nicht in den Schoss
Deshalb war er auf seine eigene Art auch wirklich gross
Auch wenn es in seinem Leben niemand erkannte
Weil er nicht der grossen Aufmerksamkeit nachrannte
Auch sein Tod war nicht aussergewöhnlich
Er starb mit sich selbst versöhnlich
Und im Wind erlosch sein Licht
Ohne Aufsehen und ohne Bericht
Deshalb weiss ich für seinen Stein schon lange den passenden Satz
„Eine kleine Kerze im Wind liegt für ewige Zeiten an diesem Platz“
Das Podest
Es lebte an diesen warmen Tagen im Park im Grünen
Überall erschall begeisternde Musik von den Bühnen
Bei wunderbarem Wetter feierte man ein grosses Fest
Nur ein einzelner Mann baute dort im Abseits ein Podest
Auf den ersten Blick schien er traurig und etwas geknickt
Aber mit Nagel und Hammer hantierte er sehr geschickt
Das Material, welches herumlag, schien ihm zu genügen
Denn in aller Ruhe begann er, die Bretter zusammenzufügen
So zimmerte er unbeobachtet vor der grossen Menschenschar
Bis sein kleines und schlichtes Podium schliesslich fertig war
Er kletterte auf sein Podest, er stand fest auf seinem Sockel
Und ganz bestimmt nicht stolz und überheblich wie ein Gockel
Bewegungslos und völlig ruhig stand er da und schaute hinunter
Die Menschenmenge vor dem Podest wurde grösser und bunter
Plötzlich blieben die meisten Menschen in seiner Nähe stehen
Und es war abwartende Überraschung, in ihren Augen zu sehen
Nur für einen Moment, dann begann, etwas anderes zu erwachen
Die Menschenmenge begann wie im Chor, schallend zu lachen
Die Menge wusste es, und er fühlte es, sie lachten über ihn
Weil sie sahen in dem schlichtem Podest und in ihm keinen Sinn
Einige fragten ihn neugierig: „Warum stehst Du an diesem Ort?“
Er schaute sie nicht einmal an und er gab auch keine Antwort
Weiterhin stand er bewegungslos da, bei Tag und bei Nacht
Die Leute redeten über ihn und haben ihn weiter ausgelacht
Auch Reporter und Journalisten kamen nun plötzlich angerannt
Sprachen mit den Leuten, einige haben ihn von früher gekannt
Sie erzählten ihnen, was sie wussten von seiner Geschichte
Sie präsentierten sich alle stolz in den grellen Fernsehlichter
Sie seien einst die besten Freunde gewesen, wie einer erklärte
Und dass sich der Grund für das Podest seinem Wissen verwehrte
Es entstanden laufend neue Gerüchte über diesen Podestmann
Alle schüttelten ihre klugen Köpfe, weil es einfach nicht sein kann
Dass da einfach jemand auf seinem Podest regungslos stehen blieb
Es überraschte nicht, dass sich mancher Reporter die Hand wund schrieb
Weil sie eine solch merkwürdige Geschichte für ihre Zeitung brauchten
Aber eines Tages ist er so plötzlich wie er vor vielen Tagen auftauchte
Mit seinem schlichten Podest bei Nacht und Nebel wieder verschwunden
So sehr sie auch nach ihm suchten, sie haben ihn nie wieder gefunden
Die Antworten auf ihre Fragen hat er ihnen niemals gegeben
Die Neugierde bohrte in ihnen noch weiter ein ganzes Leben
Sie haben ihn mit ihrem Lachen und ihren Sprüchen gequält
Hätten sie doch nur einen anderen besseren Weg gewählt
Aber wie konnte sie damals auch wissen
Dass sie ihn eines Tages werden vermissen
Abschied
Ich wünschte so sehr, es wäre nur ein böser Traum
Eine ruhige, schöne Melodie schwebt durch den Raum
So lautlos, dass man sie kaum hat wahrgenommen
Sie schien aus der Ferne, aus dem Nichts herzukommen
Am liebsten hätte ich sie mit meiner Hand aufgefangen
Die Melodie war hübsch irgendwie unpassend nett
Tränen kollerten still über meine warmen Wangen
Ich sass auf einem Stuhl neben Deinem breiten Bett
Und schaue traurig Deine jetzt so leblose Gestalt an
Der Ausdruck in Deinem Gesicht hält mich in seinem Bann
In einer Regung streichle ich sanft über Deine Hand
Die schon beinahe so weiss ist wie die Zimmerwand
In mir ist eine so endgültige Leere, die mich quält
Habe das Gefühl, als haben wir uns nicht alles erzählt
Dabei weiss ich ganz genau, dies ist gar nicht wahr
Aber ich weiss, es wird niemals mehr, so wie es war
Doch die Erinnerung an Dich wird niemals verblassen
Kann ich auch nicht mehr wirklich nach Dir fassen
Immer noch schaue ich auf Deine bleiche Gestalt
Und die Trauer hat mich ganz fest in ihrer Gewalt
Letzte Gelegenheit, um Dir einige Versprechen zu geben
Deren Erfüllung Du leider nicht mehr kannst erleben
Wir hatten doch beide, wider aller Vernunft
So grosse Erwartungen in unsere Zukunft
Wir wussten nicht, dass sie so kurz sein würde
Was mir bleibt ist jetzt die schmerzliche Bürde
Und die Gewissheit, den Weg weiterzugehen
Den wir eigentlich zusammen wollten einschlagen
Ich kann dies heute noch nicht wirklich verstehen
Doch ich versprach Dir, es mit Würde zu ertragen
Was dies auch immer genau heissen mag
Ich hasse diesen grauen Herbsttag
Er hat Dich mir einfach weggenommen
Für mich ist die Welt verschwommen
Und dies liegt nicht nur an meinen Tränen
Ich würde am liebsten einfach fortrennen
Aber das muss ich wohl nicht erwähnen
Warum lernte ich diesen Schmerz kennen
In der Ferne verstummt das lautlose Lied
Mit einem letzten Blick nehme ich Abschied
In wenigen Minuten werde ich durch die Tür hinausgehen
Ich habe gar keine Ahnung, ob wir uns je wiedersehen
Weiss nicht, was hinter dieser dicken Mauer ist
Denn keiner kann mir sagen, wo Du jetzt bist
Niemand will nach irgendwo
Vor einigen Jahren besuchte ich meinen Freund „Niemand“
Als er sich in einem ziemlich schlechten Zustand befand
Er wohnte damals in der berühmten Strasse im Nirgendwo
Und sein grösster Wunsch war eine Reise nach irgendwo
Ich hörte seinem Traum mit sehr grossem Interesse zu
Und sagte ihm anschliessend mit meiner bekannten Ruh’
„Wenn Du nach dem bekannten irgendwo willst gehen
Dann musst Du doch nur ein Ticket für den Bus erstehen
Die exakte Fahrtrichtung des Busses musst Du nicht kennen
Bleibe einfach nicht stehen, aber Du musst auch nicht rennen“
Er antwortete mir: „Danke eigentlich hast Du ja recht
Ich mache nur noch rasch mein Reisegepäck zurecht
Und dann werde ich mir schnell eine Fahrkarte buchen“
Zwei Jahre später wollte ich ihn wieder einmal besuchen
Ich fand ihn schnell, er ist immer noch auf dem Bett gesessen
Staunend dachte ich, er hat wohl seinen grossen Traum vergessen
Doch wenig später habe ich ihn dann nach seinem Wunsch gefragt
In seiner langen Antwort hat er mir anschliessend sein Leid geklagt
Er meinte: „Nach irgendwo kommt wahrscheinlich nie ein Niemand
Weiter sagte er: „Der Bus ist einfach nicht vorbei gekommen“
Ich hörte zu und glaubte, ich habe nicht recht vernommen
Erklärte ihm etwas lauter: „Willst Du denn nicht verstehen?
Um den Bus zu erwischen, musst Du schon hinausgehen
Hier in Deinem Zimmer wird niemals ein Bus anhalten
Also bleibe nicht sitzen, um nur Deine Hände zu falten“
Ich schüttelte ihn, verstehst Du mich denn wirklich nicht
Ich glaube, ich erkannte eine Träne in seinem Gesicht
Ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn hinaus
Wahrscheinlich sah er zum ersten Mal sein Haus
Seine Augen haben mich ganz glücklich angestrahlt
Ich blieb ehrlich und habe auch nicht weiter geprahlt
So sagte ich: „Die nächsten Schritt musst Du alleine machen
Weil ich kann in der Zukunft nicht immer über Dich wachen
Ich glaubte, er konnte mich in diesem Augenblick verstehen
Und so habe ich ihm relativ zuversichtlich nachgesehen
Ein Stück des Weges muss jeder ganz alleine gehen
Möchte er einmal etwas Neues und Unbekanntes sehen
Gestern besuchte ich endlich wieder einmal „Niemand“
Und es war genau derselbe Zustand in dem ich ihn fand
Wieder ist er beinahe regungslos in dem Zimmer gesessen
Und ich wusste, ich musste meine Vorstellung vergessen
Es gibt auch Menschen, die warten nur in ihrem Leben
Und vergessen, um zu nehmen, muss man zuerst geben
Unten am Bach
Dieses klare Wasser - ich liebe diesen Bach
Die Bilder, sie laufen mir wieder einmal nach
Ich könnte sie auch niemals wirklich vergessen
Hier am Bach bin ich einst mit Dir gesessen
Es sind so viele Dinge seither geschehen
Und doch hat alles genau gleich ausgesehen
So wie damals auch Heute die Sonne scheint
Und es ist mein Gefühl, das unbeirrbar meint
als ob dieselben Vögel von den Bäumen spähen
Ich spüre sogar irgendwie die wohltuende Nähe
In unserem Baum weht der gleiche sanfte Wind
Mein Gott, war ich damals noch ein kleines Kind
Was ist seither nur alles mit mir geschehen
Die Geschichte und die Jahre, sie vergehen
Nur das Plätschern von diesem Bach ist geblieben
Verschwunden ist längst unser gegenseitiges Lieben
Aber wir waren beide glücklich an diesem Ort
Es zu erklären, fehlt mir einfach das passende Wort
Wie damals halte ich meine Füsse in das kühle Nass
Gemeinsam hatten wir unser Glück und unseren Spass
Wir lachten viel und tauschten unsere Zärtlichkeiten
Verbrachten hier wirklich schöne und glückliche Zeiten
Wieso ich an den Ort zurückkehrte, ich weiss es nicht
Aber ich bin nicht der, der mit der Vergangenheit bricht
Vielleicht suchte ich auch nur diese Ruhe und diese Stille
Die niemand bricht, abgesehen von einer einsamen Grille
In mir sind Erinnerungen, die noch nie verschwanden
Wie sich unsere kleinen Hände scheu und hilflos fanden
Oder wie sich unsere salzigen Lippen aufeinander pressten
Aber auch wie die Spritzer aus dem Bach unsere Kleider nässten
Vielleicht erinnere ich mich nur an das Schöne und die Harmonie
Aber ganz vergessen, dies werde ich Dich ganz bestimmt nie
Die Trennung war hart und schmerzte mich auch sehr
Aber Vorwürfe sind da wirklich schon lange keine mehr
In meinem Herz und in meinen kleinkarierten Gedanken
Möchte ich dir viel mehr von ganzem Herzen danken
Für die Zeit, die Du mir vor Jahren schenktest
Dass Du mir Kraft gabst und mich auch lenktest
Ich hoffe, ich habe Dir auch etwas zurückgegeben
Und dass Du mich nicht gelöscht hast aus Deinem Leben
Aber ich bin mir fast sicher, dass dies nicht so ist
Weil man gewisse Dinge im Leben nie ganz vergisst
Vielleicht liebe ich deshalb den Ort dort unten am Bach
Weil er hält eine wunderbare Erinnerung in mir wach
Behinderung
Es war recht kalt für diese Jahreszeit und ich fror
Aber ich vergass dies einige wenige Minuten lang
Ich hatte immer noch ihre Frage in meinem Ohr
Seit wann bist Du behindert, wo war der Anfang
Der Mund schon halb offen, dann habe ich gestutzt
Sie blickt mich kurz von der Seite an etwas verdutzt
Verwundert über das kurze aber sichtbare Verharren
Die Antwort scheint leicht, trotzdem bin ich mir nicht im Klaren
Ich weiss nicht wie erklären, ob ich die richtigen Worte finde
Weil da gibt es eine seltsame Erinnerung, die ich damit verbinde
Es gibt einige Arztzeugnisse, die meine Situation klar umschreiben
Seit meiner Geburt bin ich behindert und werde es für immer bleiben
Aber wirklich behindert war ich damals wahrscheinlich noch nicht
Ich weiss, es klingt merkwürdig, weil es sich doch widerspricht
Es hat überhaupt keinen Sinn, wenn Du jetzt überrascht bist
Denn schau, ich wusste damals nicht, was eine Behinderung ist
Nein, das wurde mir erst lange Zeit später wirklich ganz klar
Ich kannte nichts anderes, es musste normal sein, so wie ich war
Ich dachte bei mir wirklich immer, dass jedes andere Kind
Und auch die Erwachsenen alle genau wie ich - gleich sind
Meine Mitmenschen machten mir erst sehr viel später klar
Dass ich nicht wie sie sondern doch irgendwie anders war
Ab diesem Augenblick lernte ich den Unterschied kennen
Vor lauter Schreck liess diese Erkenntnis mich fortrennen
Ich spürte plötzlich, ich musste im dunklen Abseits stehen
Dies war der Moment, für mich zu lernen, alleine zu gehen
Schnell wusste ich, es wird niemals einfach sein
Menschen sind leider oftmals grausam und gemein
Es muss immer alles genau so sein, wie sie denken
Wenn ich heute meine stillen Gedanken zurücklenke
Weiss ich, dass nicht meine Behinderung mich behindert macht
Ganz bestimmt nicht, denn dieses Gefühl ist erst viel später erwacht
Es sind alleine meine Mitmenschen, die mich für behindert erklären
Aber ich will mich in einem solchen Augenblick nicht beschweren
Ich schaue in Dein freundliches und hübsches Gesicht
Vielleicht erkläre ich es Dir später, ich weiss es nicht
Du würdest mich verstehen, aber es hat keinen Sinn
Deshalb sage ich, dass ich seit Geburt behindert bin
Du spürst meine Unsicherheit und bist deshalb verlegen
Wir wechseln das Thema und ich bin froh deswegen
Flamme im Wind
Am Anfang steht nur eine kleine Glut
Aber mit etwas Glück, Wille und Mut
Beginnt schon bald das bekannte Spiel
Voller Hindernisse, denn davon gibt es viel
Doch wenn erst einmal etwas Zeit zerrinnt
Und die Glut ganz langsam an Kraft gewinnt
Bekommt man, ein grosses Wunder zu sehen
Denn langsam wird eine Flamme entstehen
Noch ist sie zwar nicht sehr weich gebettet
Weil erst wenn eine starke Umgebung sie rettet
Erst dann - Erlöscht sie nicht mehr so geschwind
Und sie besteht auch in einem steifen, kalten Wind
Jetzt verbreitet Sie schon Wärme und Geborgenheit
Und vertreibt die Kälte und auch die Verborgenheit
Sehr vieles erstrahlt nun neu in ihrem hellen Licht
Zaubert ein Lachen oder Tränen in jedes Gesicht
Schenkt uns Gefühle, die wir noch nicht kennen
Deshalb kleine Flamme höre nicht auf zu brennen
Es ist so wunderbar, wenn Du an Kraft gewinnst
Und dem endgültig Verlöschen geschickt entrinnst
Wenn Du so an Stärke und Macht gewonnen hast
Befreit es Dich von grossen Sorgen und von jeder Last
Damit Du weiter von einem Ort zum anderen springst
Auch wenn Du in dieser fernen Welt nur lautlos klingst
Sorgst Du doch mit Deiner unbeschreiblichen Macht
Dass in dieser Welt so manches kleine Herz laut lacht
Und auf diese Weise einen neuen Anfang begründen
Und eine neue kleine unbedeutende Flamme anzünden
Aber auch die wird sicher einmal viel grösser werden
Und dann ein neues, helles Licht verbreiten auf Erden
So hat jede einzelne Flamme ihr ganz grosse Gewicht
Denn alle Menschen brauchen doch etwas Licht
Um sich im Dunkeln nicht zu verirren
Dafür muss man sich nicht genieren
Zum Schluss sage ich nur schlicht
Danke für Dein so strahlendes Licht
Man schläft sehr gut mit dem Wissen
Dass wir noch nicht sind aufgeschmissen
Denn solange es Kerzen gibt in der Welt
Ist es um uns nicht so schlecht bestellt
Heimfahrt
Hatte noch ansteckendes und lautes Lachen im Ohr
Als ich mitten in der Nacht durchschritt das Ausgangstor
Liess zurück alle meine Kollegen im fröhlichen Reigen
Um kurze Zeit später auf mein Stahlross zu steigen
Dann radelte ich auch schon meiner Heimat entgegen
Es war bewölkt, aber es fiel noch kein Tropfen Regen
Ich schlängelte mich durch den dichten Strassenverkehr
Dann bog ich ab und fuhr der sanften Stille hinterher
Hinein in den dunklen Wald, entlang dem Bahngleis
Nur die Äste bewegten sich im schwachen Wind leis
Der Heimweg war ziemlich lang und beschwerlich
Aber ich hatte keine Eile und nahm es gemächlich
Doch in diesem Augenblick habe ich gestutzt
Und ich blickte wahrscheinlich ziemlich verdutzt
Mit einem kurzen Ruck bin ich plötzlich wieder erwacht
Da begegnete mir plötzlich ein Augenpaar in der Nacht
Ein Mann stand völlig bewegungslos am Waldrand
Mit einer Einkaufstasche aus Papier in seiner Hand
Ich war schon etwas überrascht und überlegte bei mir
Was macht dieser Fremde nach Mitternacht hier
Er stand da und bewegte sich immer noch nicht
Ich erkannte nur sehr schemenhaft sein Gesicht
Fragte mich bei mir, soll ich ihn einfach ansprechen?
Aber es schien, als wolle er das Schweigen nicht brechen
Muss ich etwa Angst haben, es überfielen mich Gedanken
Oder habe ich vor mir einen Verwirrten, einen Kranken
Unsere Augen trafen sich einen Moment später wieder
Dann senkte ich meine Augen etwas ratlos nieder
Ohne Anzuhalten wich ich ihm aus und fuhr weiter
Als ein etwas verwirrter und verdutzter Stahlrossreiter
Ich fuhr langsam aber ich schaute nicht zurück nicht mehr
Aber ich spürte seine Augen wanderten mir hinterher
Es war eine Szene, die mich auf seltsame Weise berührte
Und weil mich mein Heimweg noch oft durch den Wald führte
Kreuzten sich noch in mancher Nacht unserer beider Bahn
Wir schwiegen immer, nur manchmal lächelten wir uns an
Er schien hier im dunklen Wald, jeweils zu übernachten
Und ich wusste, dass die Meisten über ihn nur lachten
Wenn es im Winter kalt war dann bedauerte ich ihn sehr
Denn er hatte, wie es schien, kein warmes Zuhause mehr
Aber Ich wusste nicht, wie er soweit konnte gelangen
Denn ich habe niemals mit ihm ein Gespräch angefangen
Eines Tages war er einfach verschwunden
Ich hoffe, er hat wieder eine Heimat gefunden
Dummheit
Du stehst vor mir und offenbarst mir Dein Anliegen
Ich bin froh darüber und danke Dir für Dein Vertrauen
Trotzdem zögere ich, Dir in die Augen zu schauen
Denn ich fürchte, die Antwort nicht hinzukriegen
Was ich Dir zu sagen habe, wird Dich nicht freuen
Und ich bin mir sicher, es Morgen schon zu bereuen
Schau, ich kann sie nicht erwidern Deine Gefühle
Wenn sie auch ganz tief in mir ebenfalls wühlen
Aber ich werde sie ganz bestimmt nicht zulassen
Es ist die Wahrheit, mir ist gar nicht zum Spassen
Werde wahrscheinlich immer etwas für Dich empfinden
Trotzdem werde ich mich nun mit Worten herauswinden
Vielleicht ist es mein Verstand oder mein Pflichtbewusstsein
Oder etwas anderes, aber ich lasse die Gefühle nicht hinein
Es ist nicht das Gesetz oder die Worte anderer, was mich hindert
Auch wenn diese Tatsache mein Schmerz sicher nicht lindert
Ich weiss einen solchen Schritt kann niemand so recht verstehen
Aber ich werde mich jetzt umdrehen und zur Tür hinausgehen
Mir fiel schon selten eine Handlung so furchtbar schwer
Und vielleicht ist es nur Dummheit und nichts mehr
Ich strecke sie Dir nicht entgegen, meine Hand
Daran hindert mich mein blödsinniger Verstand
Ich kann nicht über meinen eigenen Schatten springen
Dazu bin ich nicht fähig, es kann mir nicht gelingen
Eventuell wirst Du mich in einem Jahr sogar verstehen
Dass werden wir erst in der fernen Zukunft sehen
Aber jetzt fühle ich nur in meinem kleinen Herz
Einen schrecklichen empfindlichen Schmerz
Der droht, mein ganzes Gefühlsleben zu spalten
Aber ich muss so handeln, magst Du es auch für falsch halten
Ich hoffe nur, Du wirst mich deswegen nicht hassen
Würde gerne weinen, doch ich kann es nicht zulassen
Obwohl ich Dich von ganzem Herz liebe
Schleiche ich mich davon, wie die Diebe
Ehrlich, es tut mir wirklich leid
Aber ich bleibe bei meinem Entscheid
Und doch werde ich es Dir nicht zeigen
Ich werde für immer darüber schweigen
Weil sinnlos ist jedes zusätzliche Wort
Aus diesem Grund gehe ich jetzt fort
Und wird sich die Türe hinter mir schliessen
Werde meine Tränen wahrscheinlich lautlos fliessen
Traum vom Fliegen
Hier sind wir wieder einmal Angesicht zu Angesicht
Aber freuen, dies tue ich mich diesmal sicherlich nicht
Ich weiss nicht, wie lange wir uns jetzt schon kennen
Sehe Dich heute noch über die Blumenwiesen rennen
Mit Deinem langen Haar flatternd im seichten Wind
Waren nicht erwachsen, aber auch nicht mehr Kind
Dein ansteckendes Lachen rauschte durch die Bäume
Unaufhaltsam kämpften wir für unsere bunten Träume
In der Fantasie haben wir manches Luftschloss gebaut
Und in den Nachbargärten haben wir die Kirschen geklaut
Erinnere mich noch an manches Gespräch unten am Fluss
Wateten dort langsam durch das seichte Wasser - barfuss
Und Du hast mir von Deiner neuen grossen Liebe erzählt
Anschliessend erklärte ich Dir, was mich im Moment quält
Auf diese Weise lösten wir so manches chaotische Gewühl
In den gemeinsamen Stunden herrschte ein vertrautes Gefühl
Wir wussten, irgendwie werden wir das Leben schon hinkriegen
Manchmal gab es sogar Augenblicke, da konnten wir fliegen
Aber jetzt ist es anders, ich fühle meine zittrigen Hände
Und mich erdrückt es schier zwischen diesen vier Wänden
Meine Augen können nicht aufhören, dorthin zu starren
Wo in der Vergangenheit Deine hübschen Beine waren
Versuche zu sprechen, aber ich spüre meine Stimme beben
Wie kann ich Dir jetzt noch Antworten auf Deine Fragen geben?
Du lächelst, aber ich kann der Situation nichts Positives abgewinnen
Meine Gedanken scheinen, wieder in die Vergangenheit zu entrinnen
Dorthin als Dein Arzt sagte, es bleibt Dir nicht mehr sehr viel Zeit
Damals erlebten wir nicht unseren Einzigen aber heftigsten Streit
Ich habe dies einfach nicht kapiert
Mit allen meinen Argumenten habe ich Dich bombardiert
Schliesslich habe ich wutentbrannt Deine Zigarette geklaut
Und sie schliesslich zischend ausgelöscht auf meiner Haut
Fühle heute noch meine Wangen brennen von Deinen Ohrfeigen
Und dann gab es nichts mehr nur ein unüberhörbares Schweigen
Nach einigen Minuten hast Du, wieder zu rauchen, angefangen
Ich schlug kräftig die Tür zu und bin ziemlich wütend gegangen
War mir absolut sicher, Du hast mir sehr lange nachgeschaut
Du hast mir mit Deinem Verhalten meine Beherrschung geklaut
Ich fand längst keine ruhigen und überzeugenden Argumente mehr
Und dies einzugestehen, war Zugegebenerweise ziemlich schwer
Spürte im Magen nur noch die Hilflosigkeit schmerzlich brennen
Meine Schritte wurden schneller, schliesslich begann ich zu rennen
Tränen kollerten aus meinen Augen und liefen über mein Gesicht
Schämte mich, aber die Kraft zu bleiben, hatte ich im Moment nicht
Die Hoffnungslosigkeit und die Aussichtslosigkeit trieb mich fort
Und auch später fand ich niemals wieder das richtige Wort
Wenn ich wieder traurig und immer noch hilflos vor Dir stand
Das einzige was ich Dir noch anbot, war meine zittrige Hand
Alle meine Kraft und Antworten habe ich Dir längst gegeben
Hätte ich reden müssen, meine Stimme würde sicher beben
Und meine Augen konnten nicht aufhören, dorthin zu starren
Wo in der Vergangenheit einst Deine hübschen Beine waren
Es war für mich so schwer, Dich so leidend vor mir zu sehen
Ich werde es nie verstehen, aber Du wirst nie wieder gehen
Du wirst Dich für immer nur noch fortbewegen auf vier Rollen
Sage mir nur - hätte es denn wirklich so weit kommen sollen?
Hätte Dir gerne etwas Linderung von den Schmerzen verschafft
Aber ich hatte Dir nichts mehr zu geben - nichts von meiner Kraft
Denn wir wussten beide, Du wirst die Kurve nicht mehr kriegen
Es war schwer, aber ich spürte, Du wirst niemals wieder fliegen
Mit einem Lächeln und ruhiger Stimme sagtest Du: „Du musst gehen“
Ich schämte mich schrecklich, aber ich blieb trotzdem nicht dort stehen
Weil ich wusste nicht mehr was sagen, in Deine Augen schaute ich nicht
Und wieder einmal liefen lautlose, unbemerkte Tränen über mein Gesicht
Davonrennen - wieder einmal auf der Flucht
Aus lauter Schwäche still in mich hinein geflucht
Gestern - Gestern war ich wieder einmal unten am Fluss
Wartete langsam durch das seichte Wasser - barfuss
Aber Tränen und Gespräche waren da längst keine mehr
Viel mehr fühlte ich mich dort unten nur noch kalt und leer
Es ist eine Illusion zu glauben, es ist leicht zu überwinden
Denn wer hilft mir in der Zukunft meinen Weg zu finden?
Und trotzdem sind unsere Träume noch lange nicht verloren
Trage den Kopfhörer von meinem Walkman auf meinen Ohren
Hörte die Lieder, die wir einst gemeinsam haben geschrieben
Erinnerungen sind draussen auf dem Fluss vorbeigetrieben
Eine ehrliche und ganz persönliche Geschichte, Lied für Lied
Auf meine ganze eigene Art und Weise nehme ich Abschied
Nehme unsere Kassette und werfe sie in den Fluss - weit fort
Ich weiss, ich kehre niemals wieder zurück an diesen Ort
Und trotzdem vielleicht werden wir uns wieder einmal sehen
Aber jetzt lege ich die Trauer ab, ich muss in die Welt zurückgehen
Denn ich weiss doch hinter der nächsten Ecke wartet bereits jemand
Der braucht für einen Moment meinen Rat und meine schützende Hand
Ich werde unsere gemeinsamen Ideen und Träume niemals aufgeben
Leute wie Du kämpften dafür schon zu lange und gaben dafür ihr Leben
Doch eines werde ich nie verstehen, wir träumten doch vom Fliegen
Aber diese verdammten Glimmstängel waren wohl einfacher zu kriegen
GEGENWIND
Vorwärts gehen und nicht nur treiben
Niemals einfach bloss stehen bleiben
Einen Schritt nach dem Anderen wagen
Zielstrebig den eigenen Zielen nachjagen
Den Gegenwind ständig im Gesicht
Aufgeben gilt nicht
Immer entschlossen der Nase nach
Manchmal stark und manchmal schwach
Aber niemals - niemals aufgeben
Nur so geht es vorwärts im Leben
Der Hoffnungslosigkeit die Kraft rauben
An die eigene Zukunft glauben
Schritt für Schritt vorwärts gehen
Das Licht am Tunnelende sehen
Den Gegenwind ständig im Gesicht
Aufgeben gilt nicht
Die Fahnen nicht kampflos streichen
Immer bemüht, den Horizont zu erreichen
Den eigenen persönlichen Weg finden
Die unzähligen Hindernisse überwinden
Dem Leben in die Augen sehen
Nur so kann man hier bestehen
Sich nicht einfach nur treiben lassen
Sondern nach dem Unmöglichen fassen
Den Gegenwind ständig im Gesicht
Aufgeben gilt nicht
Die Sterne vom Himmel holen
Und sich nicht selber überholen
Glauben an die eigene Kraft
Auch wenn eine tiefe Schlucht klafft
Der Zukunft in die Augen schauen
Und auf die eigenen Träume bauen
Jeden Tag wieder neu anfangen
Um bis zum Abend zu gelangen
Den Gegenwind ständig im Gesicht
Aufgeben gilt nicht
Den Horizont fest im Visier
Die Kraft ist alleine in Dir
Sich nicht auf den Lorbeeren ausruhen
Sich hinterfragen und dabei Gutes tun
Die eigenen Massstäbe setzen
Und Ihnen langsam nachsetzen
Die Sonne ist für alle greifbar
Also gehe vorwärts unbeirrbar
Den Gegenwind ständig im Gesicht
Aufgeben gilt nicht
Stimme
Auf einem bunten Tuch sassen wir am Waldrand
Und Du hattest Deine schwarze Gitarre in der Hand
Beinahe zärtlich strichen Deine Finger über die Saiten
Eine sanfte Melodie begann, Deine Stimme zu begleiten
Ein vertrautes Lied flog durch die stummen Bäumen
Ein stilles Spiegelbild von unseren Träumen
Die Worte erzählten ein Teil unserer Geschichte
Wie oft sassen wir dort im abendlichen Lichte
Ich habe die Worte - Du die Musik geschrieben
Es ist uns leider nur sehr wenig Zeit geblieben
Vieles wollten wir verändern, es ist nicht gelungen
Nur die Lieder sind niemals ganz verklungen
Wir wollten doch noch so viel erzählen
Als Mittel wollten wir die Musik wählen
Träumten davon, einen Schritt vorwärts zu gehen
Leider konnten uns viele Menschen nicht verstehen
Hätten gerne mit unseren Lieder die Welt erreicht
Aber wenn das Schicksal langsam heranschleicht
Ist es für die meisten Dinge im Leben zu spät
Und was zurück bleibt, ist die bittere Realität
Deine wunderbaren Melodien und meine Worte
Öffneten in unseren bunten Träumen jede Pforte
Für Augenblicke waren wir das Zentrum der Welt
Aber die Wirklichkeit hat uns beide wieder gefällt
Der Kampf im Alltag bestimmte unsere Geschicke
Ich liebte Deine Stimme - ich liebte diese Augenblicke
Wenn wir in der Einsamkeit sassen an diesem Waldrand
Eine Stimme wie Du hatte auf der Welt sonst niemand
Ich ahnte damals nicht, dass Sie einst würde verklingen
Lieder zu schreiben, wollte mir später nie mehr gelingen
Ich weiss nicht ob ich es in Zukunft wieder werde wagen
Ganz egal wie viele Musiker mich noch danach fragen
Deine Stimme hat sich so gut mit meinen Worten verstanden
Unabhängig davon welche Sinne sich in den Zeilen befanden
Ohne Dich würden Musik und Worte nur auseinander gerissen
Wiederholen wird sich dies nicht, dass muss ich wissen
Letzte Woche legte ich eine Blume neben Deinen Grabstein
Ich weiss genau, dort wo Du jetzt bist, bist Du auch nicht allein
Das grausame Schicksal hat Dich aus diesem Leben gerissen
Vielleicht zum Glück aber ich werde Dich trotzdem vermissen
Ich bin ohne Deine Antworten an diesem Ort zurück geblieben
Aber es gibt dort sicher auch viele Leute, die Deine Musik lieben
Grosser Bär
Er steht nur wenige Meter weit weg von der Bühne
Gross und kräftig an Gestalt ein wahrhaftiger Hüne
Wenn ich etwas zur Seite blicke, kann ich ihn sehen
Er wankt nicht, stark wie ein Baum bleibt er da stehen
Sofort vergleiche ich ihn mit einem grossen Braunbär
Seine Oberarme haben unbeschreibliche Masse
Er wird wahrscheinlich auffallen auf jeder Strasse
Nichts schien dieser Riese, aus der Ruhe zu bringen
Die Künstlerin auf der Bühne ist weiterhin am Singen
Ein Vollbart umrahmt sein rundes, sanftes Gesicht
Aber auch wenn dieser Riese kein Wort spricht
Fühle ich, zum Lachen ist im ganz bestimmt nicht
Eine unsichtbare Träne kollert ihm über sein Gesicht
Sage grosser Bär, was hat Dir Deine Kraft genommen
Was ist geschehen, wie ist es nur soweit gekommen?
Wer hat Dich hinterhältig gefällt wie ein starker Baum?
Wann hast Du verloren Deinen ganz grossen Traum?
Ich spüre deutlich, dass es furchtbar brodelt in Dir
Auch wenn Du kräftig und stark dastehst neben mir
Was hat Dich eigentlich an dieses Konzert getrieben
Hat sie eines ihrer Lieder Dir auf die Haut geschrieben?
Kannst Du Dich in ihrer einfühlsamen Musik wiederfinden
Oder glaubst Du, dass hier Deine Probleme verschwinden
Irgendetwas scheinst Du, im Moment nicht hin zu kriegen
Welches grosse Hindernis mag auf Deinem Weg liegen?
Hast Du niemand, der Die bei den Problemen helfen kann?
Vergiss es einfach und spiele nicht weiter den starken Mann
Jetzt kollert eine echte Träne über Dein bärtiges Gesicht
Auffallen tut Sie in diesem grossen Menschengedränge nicht
Wahrscheinlich habe nur ich sie ganz zufällig gesehen
Aber ich reagiere nicht, bleibe einfach nur stehen
Das Konzert scheint sich langsam, dem Ende zu zuneigen
Die Menge löst sich auf murmelnd oder auch im Schweigen
Ich warte noch ein paar Minuten, ich will auch nicht eilen
Ich sage auch nichts, weil ich habe nichts zum Mitteilen
Schon bald ist der riesige Konzertsaal vollkommen leer
Auch der Mann mit dem Bart geht, sein Schritt ist schwer
Ich bin mir sicher, ich werde in niemals wiedersehen
Wir werden beide die eigenen persönlichen Wege gehen
Auf seltsame Weise werde ich das Gefühl nicht los
Sein Kummer ist nicht lösbar und eine Spur zu gross
Sein Lebensweg wird nicht mehr lang sein
Jeder geht die letzten Schritte allein
HERBSTBLATT
Mit den sommerlichen Temperaturen ist bald schon Schluss
Die Ästen an den Bäumen winken zum letzten Abschiedsgruss
Der Wald ist prächtig, in gelben und roten Farben anzusehen
Auch jenes Blatt dort musste einen langen Sommer durchstehen
Doch jetzt im Herbst hat es langsam seine ganze Kraft verloren
Langsam aber sicher zeigt es erste Anzeichen vom Verdorren
Vor kurzem war seine Haut noch kräftig und glatt
Jetzt fühlt es sich langsam ziemlich matt
Und es hat Mühe, sich am Ast festzukrallen
Schliesslich ist es auch auf den Boden gefallen
Ich erinnere mich noch, wie es im Sommer war
Im festen und satten Dunkelgrün einfach wunderbar
Als die Sonne noch kräftig schien, dies waren schöne Zeiten
Es war für die ganze Welt wichtig, denn es durfte arbeiten
Es zeigte grossen Einsatz und es war immer sehr fleissig
Wie die anderen auch, an seinem Ast waren es über dreissig
Ausruhen konnte es nur ein wenig in der finsteren Nacht
Aber jeden Morgen begann die Arbeit, wenn die Sonne erwacht
Es hat unnötigen Kohlendioxid in Sauerstoff umgewandelt
Die Natur, welche von den Menschen wurde verschandelt
Musste Sauerstoff Tag für Tag wieder von Neuem herstellen
Die Überstunden mochte bei dieser Arbeit niemand zählen
Zugegeben, das Blatt hat die Arbeit ziemlich gerne gemacht
Und für die Pausen blieb ja schliesslich auch noch die Nacht
Gedankt für seinen unermüdlichen Einsatz hat ihm niemand
Es war immer da, deshalb fiel es nicht auf dort am Waldrand
Als die Sonne schwächer wurde am Sommerende
Kam auch für das Blatt ganz langsam die Wende
Es mochte nicht mehr so viel Leistung bringen
Sich zu überwinden, wollte ihm immer weniger gelingen
Es bekam Runzeln und eine brüchige, spröde Haut
Und der Wind hat ihm langsam seine Kraft geklaut
Schliesslich konnte es keinen Halt mehr kriegen
Aber es blieb ihm trotzdem keine Zeit zum Ausruhen
Es wurde niedergetrampelt von achtlosen Schuhen
Es hat zwar geschrien, aber es wurde nicht gesehen
Und so ist es schon bald um das Blatt geschehen
Man sieht schnell, dass sich ein Blatt und ein Mensch wenig unterscheiden
Beide bekommen tiefe Runzeln und müssen unter der Vergänglichkeit leiden
Beide arbeiten im Leben fleissig und lang und sterben in der Vergesslichkeit
Beide sind nicht lange auf der Welt und doch zum Danken bliebe genug Zeit
Narben auf der Seele
Vier grosse leere Flaschen Bier
Stehen auf dem Tisch vor Dir
Auch die fünfte ist schon beinahe leer
Aber die schmeckt Dir auch nicht mehr
Daneben liegt noch eine halbe Brotkruste
Die Geschichte brachte Dich aus der Puste
Vier Jahre war Sie Dir ständig nah
Und auch Du warst immer für Sie da
Jetzt sind die Wellen über Deinem Kopf zusammengeschlagen
Warum sie ging, wolltest Du sie eigentlich gar nicht fragen
Sie sagte einfach, sie brauche für sich mehr Raum
Und sie zerstörte für Dich damit einen grossen Traum
Es ist zwar nichts Neues für Dich solche Schmerzen
Erlebtest schon genug Kummer mit Deinem Herzen
Auch Deine Seele trägt schon so manche Narben
Die roten Rosen, die Du ihr schenktest, verdarben
Wieso willst und kannst Du es noch nicht verstehen
Was oder wer liess sie zu guter Letzt eigentlich gehen
Es gab Meinungsverschiedenheiten aufgrund Kleinigkeiten
Aber es war im Grunde genommen kein wirkliches Streiten
Sie hat einfach gesagt, sie brauche ihre Freiheit
Zum Nachdenken brauche sie etwas mehr Zeit
Dies zu akzeptieren, fällt Dir unsagbar schwer
Denn Deine ausgestreckten Hände bleiben leer
Was bleibt, ist eigentlich nur die Vergangenheit
Es war eine wirklich fürchterlich schöne Zeit
Und Du würdest gerne das Rad zurückdrehen
Und versuchen, einen anderen Wege zu gehen
Aber dies ist jetzt zu spät und Du bist allein
Aber Du kannst ihr trotzdem nicht böse sein
Auch wenn Dir die Geschichte das Herz bricht
Eine einzelne Träne kollert über Dein Gesicht
Du wischt sie auch nicht weg mit Deiner Hand
Wieso auch sie verläuft sich schon im Sand
Du willst auch die Erinnerung nicht wegschieben
Denn sie war Deine grosse und wunderbare Liebe
Du weisst, dies wird sie bestimmt nicht bleiben
Aber es ist schwer, wenn Träume davon treiben
Du weisst das Leben wird Morgen weitergehen
Im Herzen wirst Du es niemals ganz verstehen
Was bleibt ist auf der Seele eine weitere Narbe
Und die roten Rosen, welche leider verdarben
Roter Kopf
Gestolpert - Ich bin wieder einmal hingefallen
Dies geschah wieder in den Augen von allen
Warum gerade jetzt und warum gerade hier?
Wieso geschieht dies eigentlich immer nur mir
Verlor eigentlich doch nur das Gleichgewicht
Und jetzt fühle ich die Röte in meinem Gesicht
Bin halt leider nicht sportlich und nicht geschickt
Und deshalb stehe ich wieder hier völlig geknickt
Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht
Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht
Habe nur noch einen Wunsch, weit weg zu verschwinden
An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden
Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf
Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf
Ich lernte, diese Gourmetbuffets doch längst zu hassen
Kann die Teller nicht richtig tragen - nicht richtig fassen
Und habe den Inhalt vom Glas doch sorgfältig behütet
Warum habe ich es denn trotzdem wieder verschüttet
Jetzt sind alle neugierigen Augen auf mich gerichtet
Wer hat Ihnen nur von meiner Tapsigkeit berichtet
Für den Spott bin ich eine hilflose und sichere Beute
Opfer und Ziel der lachenden und dummen Meute
Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht
Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht
Habe nur noch einen Wunsch, weit weg zu verschwinden
An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden
Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf
Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf
Alle diese Handgriffe scheinen so kinderleicht und einfach
Nur ich muss wieder sagen, ich kann es nicht - so schwach
Vergeblich versuche ich, meine Schwäche zu verstecken
Aber irgendein fremdes Augenpaar wird es immer entdecken
Sofort wird ein leises aber unüberhörbares Geflüster losgehen
Und ich werde dann wieder als dummer Idiot vor allen stehen
Bin wieder einmal auf der Flucht in die kalte Winternacht
Zurück bleibt hier einer, der immer noch lauthals lacht
Habe nur noch einen Wunsch weit weg zu verschwinden
An einen ganz fernen Ort, wo mich niemand wird finden
Irre hilflos durch die Nacht mit einem knallroten Kopf
Es ist doch immer wieder derselbe überflüssige Zopf
Ich weiss, kehre ich zurück aus der kalten Winternacht
Gibt es sicherlich immer noch einer, der lauthals lacht
Ich weiss es wird mir nie alles nach Wunsch glücken
Aber ich lasse mich nicht unter das Wasser drücken
Ich weiss behindert sein, ist bestimmt nicht einfach
Aber ich verspreche Euch, ich gebe noch nicht nach
WOZU SIND KRIEGE DA
Ein Kind von neun Jahren
kam mich gestern besuchen
Du weisst doch so viel
bitte erkläre mir das Ziel
Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, meine Grossväter
gingen in den zweiten Weltkrieg
Es gab für sie kein später
Wollten sie in den Krieg?
Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir die vielen Kreuze
vor der Stadt seien vom Krieg
Dort hausen jetzt die Käuze
Wieso gingen sie in den Krieg?
Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, tapfer
wehrten wir uns im Krieg
Sehr viele wurden ein Opfer
Wie kam es zu diesem Krieg?
Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, dass wir
siegten, nach all dem im Krieg
zerstörten gewannen wir
Und die Verlierer im Krieg?
Wozu sind Kriege da?
Man sagte mir, einer rede
Beim Beginn von einem Krieg
Sage mir ohne weitere Ausrede
Warum gingen Sie in den Krieg?
Wozu sind Kriege da?
Ich schwieg betroffen, denn
gibt es etwas was ich sagen kann
Wann wird der Mensch schlauer? Wann?
Ich wusste keine Antwort, denn
Wozu sind Kriege da?
MORGENSTUNDEN
Die ersten Vögel zwitschern und singen
Der Wind scheint, einen neuen Duft zu bringen
Es ist der Moment, wo der Morgen ruft
Und die Sonne entsteigt ihrer dunklen Gruft
Die ersten Sonnenstrahlen durchdringen die Dunkelheit
Ich mag diese Augenblicke, es ist eine schöne Zeit
Höre den Wind, die Dorfgeräusche zu mir tragen
Als ich langsam beginne, die Augen aufzuschlagen
Der Anfang vom mühsamen aber freudigen Erwachen
In Deinem schlafenden Gesicht liegt ein Lachen
So glaube ich, es darin zumindest zu entdecken
Nur einige Stellen Deiner Haut kann die Decke verstecken
Dich anzusehen, davon kann ich nicht genug kriegen
Bin froh, wenn ich Dich fühle, hier neben mir liegen
Es ist leicht, Dir meine Aufmerksamkeit zu schenken
Sehe Deiner Brust zu, beim Heben und beim Senken
Meine Finger beginnen sich langsam vorzutasten
Jede Sekunde bereit auch wieder zu rasten
Nur keine Angst sie wollen Dich nicht aufwecken
Sie versuchen doch nur, sich in Dir zu verstecken
Um ein sanftes Zwiegespräch mit Deiner Haut zu führen
Und etwas von Deiner Geborgenheit und Wärme zu spüren
Trotzdem beginnst Du, jetzt auch Deine Augen aufzuschlagen
Ist es den schon Morgen, scheint mich Dein Blick zu fragen
Aber es ist nur ein lautloses Lächeln, dass ich Dir schicke
Während ich in Dein noch verschlafenes Gesicht blicke
Aufwachen will Dir im Moment noch nicht recht glücken
Aber Du bewegst Dich, um etwas näher zu mir zu rücken
Während sich meine Arme fest um Dich binden
Versuchen meine Lippen, die Deinen zu finden
Du erwiderst mit geschlossenen Augen meinen Kuss
Und ich komme einmal mehr zu dem Schluss
Dass ich glücklich bin, habe ich Dich im Arm
Ich schlage die Decke zurück, Du gibst mir warm
Man sagt Morgenstunde hat Gold im Mund
Seit ich mit Dir zusammen bin, kenne ich den Grund
Es ist schön, mit Dir aufzuwachen
Und in den neuen Tag hinein zu lachen
LOTTE
Ich trete zur Tür herein, als ich Sie auch schon entdecke
Sie sitzt wie so oft auf dem Bank am Tisch in der Ecke
Vor Ihr auf dem Tisch steht ein halbvolles Glas Bier
Ich grüsse sie freundlich und setze mich dann zu ihr
Sie lässt sich nicht stören, hört nicht einmal auf, Kaugummi zu kauen
Ihre glasklaren Augen scheinen, durch mich hindurch zu schauen
So als würden sie dort weit in der Ferne irgendetwas sehen
Was im Verborgenen oder in der Zukunft wird geschehen
Mich verwirrt dies nicht allzu sehr - nicht diese Situation
Ich kenne sie schon lang, deshalb kenne ich dies schon
Seit vielen Jahren hat sie nun schon nicht mehr gesprochen
Und keiner weiss, was sie damals hatte entzwei gebrochen
Viele Geschichten und Gerüchte, was sie alles hat durchgemacht
Aber mit Gewissheit kann keiner sagen, was geschah in jener Nacht
Doch seit jenem Tag hat sie nichts mehr anzufügen
Für sie waren da wohl zu viele Worte und zu viele Lügen
Ärzte untersuchten sie, aber es kam kein Wort über ihre Lippen
Sie war ruhig – Sie war niemals in Gefahr, einfach auszuflippen
Und doch sagten einige Leute, sie sei vom Irrsinn besessen
Von Zeit zu Zeit ist sie unbemerkt an ein Klavier gesessen
Und während ihr Herz auf etwas Unvorstellbares blickt
Tanzen ihre Finger über die Tasten flink und geschickt
Und eine wortlose Melodie füllte den dunklen Raum
Es war ihre Art zu erzählen von ihrem fernen Alptraum
Eine seltsame und doch eindrückliche Art zu berichten
Ohne Worte erreichte sie die Menschen mit ihren Geschichten
Manch einer zerdrückte dabei eine Träne in seinem Gesicht
Auch ich widerstand ihrem seltsamen Zauber nicht
Auch in meinem Auge fand sich eine kleine Träne
Um nicht nachzufragen, biss ich mir auf die Zähne
Manchmal würde ich die Wahrheit schon gerne kennen
Was geschah damals, was liess sie damals davonrennen?
Wer oder was liess sie nicht los, was musste sie quälen?
Ich weiss, sie wird es auch in Zukunft niemals erzählen
Sie wählte ihren eigen Weg - einen Weg der Stille
Es mag nicht das Richtige sein, aber es ist ihr Wille
Es hat keinen Sinn, ihr Verhalten weiter zu hinterfragen
Vielleicht könnte ich die Wahrheit auch nicht ertragen
Und ich weiss eines ganz genau, Sie ist nicht von Sinnen
Sie hat vor sehr langer Zeit, einfach verlernt zu gewinnen
Es gibt auch nichts mehr zusagen, nur ihre Melodien werden bleiben
Die auf eindrückliche Art und Weise ihre Geschichten beschreiben
WASSERTROPFEN
Tausende von Wassertropfen fallen aus der Dunkelheit
Und machen sich in grossen Pfützen am Boden breit
Aber nur einer davon ist für mich von besonderem Wert
Weil er mich auf ganz spezielle Art und Weise auch ehrt
Dieser Wassertropfen hat sich aus Deinem Auge aufgemacht
Bevor er auch schon wieder verschwindet in der dunklen Nacht
Wo er dann wahrscheinlich der Weg von allem Wasser wählt
Es ist dieser Tropfen, der eine ganze Geschichte erzählt
Von allen Dingen, die in den letzten Wochen sind geschehen
Du weisst, dass ich Dich bestimmt nicht gerne weinen sehe
Dafür bist Du mir zu wichtig, ich würde es vermeiden
Dich zu versetzen in Angst, Trauer oder auch Leiden
Doch diese Tränen flossen alleine meinetwegen
Und dies kann mein Herz natürlich schon bewegen
Dies ist der Grund, warum ich mich über Deine Träne freue
Auch wenn ich zugegeben, mich dafür schon etwas scheue
Ich möchte nicht, dass Du deswegen schlecht von mir denkst
Es ist mir lieber, wenn Du mir auch in Zukunft Vertrauen schenkst
Wir haben in den letzten Wochen stundenlange Gespräche geführt
Ich hoffe, Du hast dabei mein absolutes Vertrauen gespürt
Du hast in den letzten Wochen eine schlimme Zeit durchgemacht
Doch gestern hast Du endlich wieder einmal herzhaft gelacht
Ich habe doch nur meine Hände nach Dir ausgestreckt
Denn mit Deinem Kummer sassest Du schon ziemlich im Dreck
Aber jetzt ist dies Geschichte endlich wieder Vergangenheit
Und Dein Lachen macht sich für die Zukunft wieder bereit
Und dies finde ich ehrlich gesagt einfach wunderbar
Auch wenn ich Dir zu helfen, gerne bereit war
Ist es doch viel schöner, ich sehe Dich fröhlich lachen
Mir ist schon klar, in Deiner Vergangenheit waren Sachen
Die es Dir unbeschreiblich schwer machen zu verdauen
Aber auf diese kannst Du jetzt endlich zurückschauen
Siehst Du am Ende des Tunnels das grelle Licht
Gehe darauf zu, ich will Deinen Dank sicherlich nicht
Was ich tat, tat ich ohne jegliche Hintergedanken
Aus diem Grund musst Du mir bestimmt nicht danken
Dass ich ein wenig glücklich bin über Deine Tränen
Ist keine Schadenfreude, dies muss ich erwähnen
Deine Träne ist nur ein Zeichen, dass ich Dich stützte
Und dass Dir mein Ratschlag in der schweren Zeit nützte
Aber jetzt wische Deine Träne weg, es ist nicht der Wert
Auch wenn es zugegeben, mich schon mächtig ehrt
Träumt weiter
(Interpretation von Dream on der Gruppe Nazareth)
Träumt weiter
Obwohl es schwer ist zu sagen
Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter
Träumt weiter
Du kannst Dich verstecken
Wenn nichts mehr zu sagen ist, dann träumt weiter
Träumt weiter
Obwohl es schwer ist zu sagen
Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter
Träumt weiter
Träumt weiter
Es ist so einfach für euch
Obwohl ihr mich kaputt macht, träumt weiter
Träumt weiter
Ihr könnt niemals sehen
Was Ihr mir antut, so träumt weiter
Ihr könnt über mich lachen, weil ich schreie
Ihr könnt Euren Freunden erzählen, wie sehr
ich bitte, dass Ihr bleibt
Ihr könnt Eure Fantasien ohne mich durchleben
Aber Ihr werdet nie wissen, wie sehr ich Euch brauche
Ihr könnt Euer Herz durchsuchen
Ihr Könnt Eure Gründe zählen
Ihr könnt Euer ganzes Leben ohne mich träumen
Aber Ihr werdet nie wissen, wie sehr ich Euch brauche
Träumt weiter
Es ist so einfach für euch
Obwohl ihr mich kaputt macht, träumt weiter
Träumt weiter
Ihr könnt niemals sehen
Was Ihr mir antut, so träumt weiter
Obwohl es schwer ist zu sagen
Obwohl Ihr Euch selber betrügt, träumt weiter
Träumt weiter
Rose
Seit langer Zeit stehe ich wieder an diesem Ort hier
Ich machte wirklich selten einen Besuch bei Dir
Aber ich hoffe, Du hörst mir heute trotzdem zu
Sie sagten, wie eine wunderbare Rose warst Du
Wirklich eine schöne Rose warst Du - Rot blühend
In der friedlichen Abendsonne schillernd glühend
Eine Rose trägt in der Knospe eine wunderbare Blüte
Und genauso trugst auch Du tief in Dir Deine Güte
Auch die anderen Tugenden hast Du in Dir versteckt
Darauf wartend, dass ein Sonnenstrahl sie auferweckt
Dass eine Rose, so schön sie auch ist, auch sticht
Weiss ich, aber wieso sie jemand still und leise bricht
Ist diese Welt so gemein, dass Blumen den Tod finden?
Wo blieben nur die Kräfte, die alles zusammenbinden
Ich konnte doch nicht einfach fassungslos dastehen
Ich machte mich auf, um in die Welt hinaus zu gehen
Wollte die Ursachen und die Gründe für so Vieles sehen
Aber ich begriff sehr schnell, ich konnte sie nicht verstehen
Die Welt ist irgendwie so faszinierend und doch fade
Und dass Blumen welken, fand ich immer sehr schade
Aber wohin mich meine Zufälle auch immer wieder trieben
Ich gehörte dazu und bin doch nur ein Fremder geblieben
Alles was ich war, brachte mich doch Stück für Stück
Nur wieder auf den längst bekannten Weg zurück
Dorthin zurück, wo in der Vergangenheit alles begann
Und deshalb bin ich jetzt wieder an meinem Anfang
Stehe am selben Ort und doch war der Weg so weit
Jetzt besuche ich Dich wieder seit einer langen Zeit
Ich weiss mein letzter Besuch ist schon ewig her
Aber Dich stört das nicht oder eher nicht mehr
Und doch ist es mein Herz, das Dich nicht vergisst
Weil Du auf seltsame Weise immer in der Nähe bist
Die warme Sonne, die auf Dein Grab blickt
Sieht eine verwelkte rote Rose, sie ist geknickt
Ich weiss, diese Rose wird nie wieder auferstehen
Aber sie wird auch niemals ganz untergehen
In mir murmle ich ein Gebet oder ein Gruss
Und trotzdem werde ich zum guten Schluss
Traurig aber trotzdem gestärkt wieder verschwinden
Und versuche mit neuem Elan, die Sonne zu finden
LIEDERABEND (2. Version)
Es war einer der warmen Abenden, wo wir zusammenfanden
Der tägliche Stress liess uns in der Abgeschiedenheit stranden
Auf einem farbigen Tuch sassen wir am grünen Waldrand
Und Du hattest Deine alte braune Gitarre in der Hand
Beinahe zärtlich strichen Deine Finger über die Saiten
Eine sanfte Melodie begann, Deine Stimme zu begleiten
Ein vertrautes Lied flog durch die mächtigen Bäume
Ein exaktes Spiegelbild von unseren bunten Träumen
Die Worte erzählen einen Teil von unserer Geschichte
Wie oft sassen wir dort gemeinsam im abendlichen Lichte
Ich habe die passenden Worte zu Deiner Musik geschrieben
Aber leider ist uns nur eine kurze gemeinsame Zeit geblieben
So vieles wollten wir verändern, es ist uns nicht gelungen
Nur unsere ehrlichen Lieder sind niemals ganz verklungen
Wir wollten doch eigentlich noch so viel mehr erzählen
Zu diesem Zwecke wollten wir alleine die Musik wählen
Träumten davon, einen grossen Schritt vorwärts zu gehen
Leider konnten unser Vorgehen nicht sehr viele verstehen
Hätten so gerne mit unseren Lieder die ganze Welt erreicht
Aber wenn das grausame Schicksal lautlos heranschleicht
Ist es für die meisten schönen Dingen im Leben zu spät
Und was zurück bleibt ist wieder nur die bittere Realität
Deine Melodien und meine Worte
Öffneten in unseren Träume jede Pforte
Für einen Moment waren wir das Zentrum der Welt
Aber die Wirklichkeit hat uns Beide brutal gefällt
Der stille Kampf im Alltag leitete unsere Geschicke
Ich liebte Deine Stimme - ich liebte die Augenblicke
Wenn wir in der Einsamkeit sassen am Waldrand
Eine Stimme wie Du hatte sonst wirklich niemand
Ich ahnte nicht, dass sie einst würde verklingen
Lieder zu schreiben, wollte mir nie mehr gelingen
Sicher ich hatte die eine oder andere Anfrage
Der Grund warum ich zu dichten nicht mehr wage
Ist doch nur weil mir Deine schönen Melodien fehlen
Ohne sie kann ich meine Geschichten nicht erzählen
Ich kann die passenden Worte nicht einfach erzwingen
In der Erinnerung höre ich noch Deine Stimme erklingen
Ich kann es nicht bestreiten
Es gibt ruhig und stille Zeiten
Wo meine Erinnerung wieder erwacht
Ich habe einen Besuch an Deinem Grab gemacht
Legte eine einzelne Blume neben Deinen Grabstein
Die vergangene Zeit wird ewig wichtig für mich sein
DUNKELHEIT
Wenn Abends die Sonne ihr Licht ausschaltet
Und der matte Mond sein erstes Gebet haltet
Wenn die gesamte Welt in der Dunkelheit entrinnt
Und die Vergesslichkeit wieder neue Kraft gewinnt
Wenn Farben und Formen unbemerkt ineinander fliessen
Und es keinen Sinn mehr hat, die Augen zu schliessen
Dann beginnen die Lebensgeister, mich aufzuwecken
Weil in diesen Momenten muss ich mich nicht verstecken
Und hinter den nächsten dicken Baumstamm rennen
Weil niemand wird in der Dunkelheit noch erkennen
Wovon ich schon mein gesamtes Leben lang fliehe
Nein, niemand sieht, dass ich mein Bein nachziehe
Deshalb mag ich die verhüllende Dunkelheit sehr
Sie verbirgt den Spott, kein schmerzendes Lachen mehr
Wohin mich jetzt mein Weg auch immer bringt
Kein verletzender dummer Spruch, der zu mir dringt
Dies alles habe ich irgendwo hinter mir gelassen
Die Dämmerung liess die Unterschiede verblassen
In der Nacht sind bekanntlich alle Katzen grau
Deshalb nimmt man es in der Nacht nicht so genau
Es ist auch Fremdes was man jetzt anerkennt
All das was am Tag noch unbemerkt davonrennt
Auch ich kann mich in der Dunkelheit verstecken
Denn niemand kann jetzt meine Behinderung entdecken
Aus diesem Grund gehe in den Momenten gerne unter Leute
Es sind andere Menschen als am Tag die grausame Meute
Die mit Spott und Beleidigungen mich nicht in Ruhe lässt
Ich weiss, ich habe keine gefährliche Krankheit nicht die Pest
Aber manchmal fehlt mir die Kraft, um mich dagegen zu wehren
Den Einsatz, um mich gegen das Unvermeidliche zu sperren
Trotzdem werde ich es immer wieder und nur für mich versuchen
Tagsüber werde ich zwar noch oft still und heimlich fluchen
Aber in der Nacht stelle ich mich meinem Schicksal entgegen
Eines Tages werden sich auch die schwersten Steine bewegen
Doch dies ist nur ein Traum, es braucht noch sehr viel Zeit
Was mir bleibt ist der Schutz der absoluten Dunkelheit
Aber wenn der Morgen wieder erwacht
Steht auch der Erste wieder da, der lacht
Ich beginne mich, wieder zurückzuziehen
Ich bin es, vor dem ich wieder fliehe
Aber ich warte bis die Dunkelheit wieder hereinbricht
Weil dann beginnt von Neuem meine persönliche Schicht
BEGEGNUNG DER VIERTEN ART
Ich habe mir für meine Arbeit viel Zeit genommen
Und doch bin ich langsam an ein Ende gekommen
Es ist soweit, ich kann den Deckel nun schliessen
Verharre einen Augenblick, um still zu geniessen
Dass diese Zeilen meine eigenen Hände vollbrachten
Relikte, die einst irgendwo in meinem Herzen erwachten
In diesem Augenblick hast Du Gelegenheit, ihnen zu begegnen
Vielleicht hat es vor dem Fenster gerade begonnen zu regnen
Und Du liegst bequem auf dem Bett mit meinem Ordner vor Dir
Erlebst die Begegnung der vierten Art mit mir durch dieses Papier
Weil auf jeder einzelnen Seite von diesem Werk stösst Du auf mich
Auf ein buntes Bild von meiner Wahrheit und trotzdem nicht wirklich
Einige Dinge wollte ich eigentlich gar nicht aufschreiben
Und liess es aus unerklärlichen Gründen doch nicht bleiben
Andere Dinge aus meinem Leben, an welchen mir sehr viel liegt
Habe ich einfach nicht auf dieses verflixte, weisse Papier gekriegt
Aber auch grosse Enttäuschungen können mit der Zeit vergehen
Ich habe längst gelernt, es nicht mehr so furchtbar eng zu sehen
Es ist mir nicht mehr so furchtbar wichtig, wie es mir früher war
Irgendwie mache ich mich heute viel bewusster zu einem Narr
Denn wahrscheinlich nur ein Narr rennt einem Traum hinterher
Der nicht existiert - oder vielleicht besser gesagt nicht mehr
Eigentlich träumte ich nur davon, es eines Tages zu erleben
Aber ich habe die Hoffnung und das Träumen langsam aufgegeben
Mein Traum, dass verschlossene Türen ohne Gewalt aufbrechen
Trotzdem möchte ich jetzt meine bekannten Bitten aussprechen
Vertrauen ist auf dieser Welt eine der schönsten Gaben
Lasst mich deshalb das Sorgerecht für meine Zeilen haben
Darum wenn Du fertig bist, gib mir den Ordner bald zurück
Weil für mich ist er weit mehr als nur ein wertloses Stück
Darum lasse mein Vertrauen nicht auf Deinem Regal verstauben
Damit würdest Du mir nur wehtun, und ich will nicht glauben
Dass diese Möglichkeit wirklich in Deiner Absicht kann liegen
Also ich bin froh, könnte ich meine Gedichte bald zurückkriegen
Noch Eines will ich am Ende von diesem Band aufschreiben
Es muss nicht bei einer Begegnung der vierten Art bleiben
Doch der nächste Schritt, der liegt ganz alleine bei Dir
Und nicht mehr, so wie das allererste Hindernis, an mir
Denn der erste Schritt war mein vertrauensvolles Erzählen
Du hast nun für Dich zwischen den Möglichkeiten zu wählen
Ob Du schweigst, ob Du redest oder mir aus dem Weg gehst
Eines nahen Tages werde ich erfahren, wie Du dazu stehst
NACKT (ZUM LETZTEN)
Jetzt stehe ich wieder einmal vor Euch völlig nackt
Sicherlich ich hätte mich schnell wieder eingepackt
Doch eigentlich habe ich es satt, mich zu verstecken
Was es zu sehen gibt, soll man ruhig auch entdecken
Ich weiss, ich bin bestimmt nicht wie ein Athlet gebaut
Zahlreiche hässliche Narben zieren meine Haut
Auch die Tränen haben ihre Furchen hinterlassen
Und viel Vergangenes kann ich nicht in Worte fassen
Aber ich habe eigentlich schon vor vielen Jahren erkannt
Bin schon viel zu lange nur von mir selbst fortgerannt
Es ist nicht so, dass mich die Blicke nicht mehr berühren
Doch ich will nicht länger ein hilfloses Theater aufführen
Die neugierigen Fragen haben mir zu lange Furcht eingeflösst
Heute stehe ich vor Euch allen vollkommen entblösst
Ich habe mich unlängst zu diesem Schritt entschlossen
Es ist doch schon zu viel Tränen und Blut geflossen
Zu mir selbst zu stehen, fällt zwar oftmals noch schwer
Aber schämen will ich mich bestimmt auch nicht mehr
Was soll ich mich mit den Vorurteilen anderer plagen
Und das alles, nur um mir selber hinterher zu jagen
Bei meinem Anblick haben schon so viele gelacht
Und es hat mir noch jedes Mahl sehr weh gemacht
Heute will ich mich aber nicht mehr verstecken
Mir ist lieber, das Gelächter bewusst zu wecken
Manche können dies sicherlich nicht verstehen
Doch ich kann keinen anderen Weg mehr gehen
Ich weiss nicht, ob Du Dich vor mir kannst ausziehen
Vielleicht willst Du lieber von der Wahrheit fliehen
Glaube mir, ich kann es wirklich gut verstehen
Habe ich es doch ein halbes Leben lang getan
Doch hast Du den Mut, dann lasse uns nackt dastehen
Gemeinsam können wir aufeinander zugehen
Ich werde über Dich sicherlich nicht lachen
Ich weiss, dass andere schon Ihre Witze machen
Nackt zu sein ist ziemlich schwer – leider
In einer Welt voller teurerer Kleider
Deshalb kann auch ich nicht immer meine Kleider entbehren
Aber ich will mich nicht mehr darüber beschweren
Weil für einige Momente nackt zu sein
Ist mehr wert als dieser verlogene Schein
Ist es auch nur auf ein paar beschriebenen Seiten
Kann es mir doch grosse Lust bereiten